der Grund alles Seins, und dessen alles Sein bedarf; es
selbst aber ist ohne Mangel, sich selbst genug, es bedarf
nichts, es ist aller Dinge Maß und Grenze, es spendet
aus sich selbst Geist, Wesenheit, Seele, Leben und geistige
Tätigkeit. Bis zum Geiste hin ist alles schön, er selbst
aber ist erhaben über das Schöne und steht auch jenseits
des Besten, als ein König im Reiche des Geistes. Aber er
ist nicht Geist in dem Sinne, wie man sich bei uns den
Geist denkt, der aus logischen Sätzen seinen Inhalt gewinnt,
der sein Verständnis erlangt durch Denktätigkeit und
Reflexionen, über Grund und Folge und nach dem
Satze des zureichenden Grundes das Seiende erkennt,
bevor er aber gelernt hatte, leer war, obwohl er ein
Geist ist.
3. Ist nun dieser Art das Seiende und das über dem Sein
Erhabene, so kann das Böse sich weder im Seienden noch
im Überseienden befinden; denn dieses beides ist ja gut.
Es bleibt also nur übrig, daß es, wenn überhaupt, sich im
Nichtseienden findet, gleichsam wie eine gewisse Form
desselben, und bei dem, was mit ihm vermischt ist oder
irgendwie mit ihm in Gemeinschaft steht. Unter dem
Nichtseienden ist aber nicht etwas zu verstehen, das über¬
haupt gar nicht existiert, sondern nur etwas anderes als
das Seiende; es unterscheidet sich auch nicht vom Seien¬
den, wie Bewegung und Ruhe, sondern es ist eine Art
Schattenbild des Seienden oder selbst noch mehr vom
Seienden entfernt als das. Es ist die ganze sinnenfällige
Welt und alle Eindrücke derselben, oder noch etwas
hinter diesen und alles, was sich daraus entwickelt, ihr
Prinzip und was sie zur Existenz bringt. Man wird sich
von ihm eine Vorstellung machen können, wenn man es
betrachtet als Maßlosigkeit gegenüber dem Maße, Gren¬
zenlosigkeit gegenüber der Grenze, Gestaltloses gegen¬
über dem Gestalteten, stets Bedürftiges gegenüber dem
Selbstgenugsamen, ewig unbegrenzt, nirgends feststehend,
allleidend, unersättlich, voll Mangel; das alles sind nicht
seine zufälligen Eigenschaften, sondern gleichsam sein
Wesen, und jeder Teil, den man von ihm untersucht, ist
auch alles dies; das aber, was nur an ihm teilnimmt und
ihm ähnlich ist, wird zwar böse, ist aber nicht mit dem
Bösen identisch. Wie es beim Guten ein an sich Gutes,
ein selbständiges Urgutes gibt, und ein anderes Gute als
Eigenschaft, so muß es auch bei dein Bösen sein: es muß
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