absolute Prozeß wirklich ein teleologischer Prozeß ist,
d. h. daß in ihm nicht bloß eine Beziehung von relativen
Individualzwecken und deren Mitteln sich rein mechanisch
(also in teleologischer Hinsicht zufällig) herausgebildet
hat, daß vielmehr in ihm alle relativen Zwecke niederer
Ordnung teleologisch bedingt sind durch relative Zwecke
höherer Ordnung und zuletzt durch einen absoluten
Zweck. Solange die relativen Zwecke des Weltprozesses
induktiv ermittelt werden und ihr Hangen an einem in¬
haltlich unbekannten absoluten Zweck bloßer Glaube ist,
bleibt auch die Möglichkeit offen, daß dieser Glaube irrig,
daß der teleologische Charakter der relativen Zwecke ein
bloß scheinbarer und ihre Beziehung zu ihren relativen
Mitteln in Wahrheit eine bloß kausale sei. Wie gering
diese Möglichkeit auch werden möge, wenn durch fort¬
gesetzte Induktionsreihen auf allen Gebieten die Wahr¬
scheinlichkeit der teleologischen Weltanschauung immer
größer wird, so ist sie doch nicht ganz abzuleugnen, und
die ethische Skepsis wird nicht verfehlen, sich an diese
Möglichkeit anzuklammern, beziehungsweise den äußerst
geringen Grad ihrer Wahrscheinlichkeit durch Berufung
auf antiteleologische philosophische Systeme maßlos zu
übertreiben.
Wie sehr man sich auch bemühen möge, die Lösung der
Frage nach dem absoluten Zweck als unsere Verstandes¬
kräfte übersteigend und als unnötig darzustellen, — das
sittliche Bewußtsein schlägt tatsächlich diese Warnungen
und guten Ratschläge in den Wind und hört, sofern es
überhaupt einmal an das Daß eines absoluten Zweckes
glaubt, nicht auf, sich mit Gedanken um sein Was zu be¬
schäftigen. Die Frage: „Wozu das Alles?" liegt zu tief
in der menschlichen Natur begründet, als daß eine Ent¬
haltsamkeit in dieser Hinsicht anders als durch ein
schmerzliches Scheitern der persönlichen Bemühungen
zustande kommen könnte. Auch der Ungebildetste, wo¬
fern er überhaupt ein denkender Kopf ist, hat eine Ant¬
wort auf jenes Wozu bereit; wer einmal zur Erörterung
metaphysischer Probleme aufgestiegen ist, wird noch
weniger geneigt sein, sich die Beschäftigung mit dieser
Frage als ein noli me tangere verbieten zu lassen. Ja
sogar die Materialisten geben auf dieses Wozu eine ganz
bestimmte Antwort, wenn auch eine negative: denn sie
235