Full text: Ethik

XVII. 
Herbart 
(1776—1841). 
Äufzeigung sittlicher Elemente1. 
§ 89. Alle einfachen Elemente, welche die allgemeine s. 143—153 
Ästhetik nachzuweisen hat, können nur Verhältnisse sein, 
denn das völlig Einfache ist gleichgültig, d. h. weder ge¬ 
fallend noch mißfallend. Die sittlichen Elemente sind ge¬ 
fallende und mißfallende Willensverhältnisse. Es ist aber 
hier nicht die Rede von dem Willen als einer Seelenkraft 
(die überall nicht existiert), sondern von einzelnen Akten 
des Wollens, und von deren Verhältnissen gegeneinander. 
Auch kommt es hier nicht auf eine Erkenntnis an, daß 
solches und anderes Wollen wirklich vor sich gehe, son¬ 
dern auf die Begriffe von solchem Wollen, und auf die 
Beurteilung der Verhältnisse, welche es bilden würde, 
wenn es wirklich vorhanden wäre. Damit diese Beur¬ 
teilung mit voller Bestimmtheit zustande komme: muß 
aus dem Begriff des Wollens alles Schwankende, also 
aller Unterschied des flüchtigen und launenhaften Be¬ 
gehrens von dem entschlossenen Wollen, fürs erste weg¬ 
gelassen werden. 
§ 90. Das erste sittliche Verhältnis, welches sich der 
wissenschaftlichen Betrachtung darbietet, ist das der Ein¬ 
stimmung zwischen dem Willen und der über ihn ergehen¬ 
den Beurteilung überhaupt. Diese Einstimmung gefällt 
absolut: ihr Gegenteil mißfällt. Der hieraus erwachsende 
Musterbegriff der Einstimmung kann mit dem Namen: 
Idee der inneren Freiheit bezeichnet werden. 
Anmerkung. Der Inhalt, dessen die Idee der inneren 
Freiheit bedarf, liegt in den nachfolgenden vier prak¬ 
tischen Ideen, welche zusammengenommen diejenige Be¬ 
urteilung ausmachen, womit der Wille entweder ein- 
1 Aus dem „Lehrbuch zur Einleitung in die Philosophie" §§ 89 
— 96, herausgegeben vonK. Häntsch. Verlag Felix Meiner, Leipzig. 
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