Das Interesse der Gemeinschaft ist einer der allgemein¬
sten Ausdrücke, welcher in dem Sprachgebrauch der
Ethik Vorkommen kann: kein Wunder, daß seine Be¬
deutung oft verloren gegangen ist. Wenn er eine Bedeu¬
tung hat, so ist es diese: die Gemeinschaft ist ein fiktio-
naler Körper (fictitious body), der sich aus Einzelper¬
sonen zusammensetzt, die ihn konstituieren, d. h. die
seine Glieder sind. Was ist dann ako das Interesse der
Gemeinschaft ? Die Summe der Interessen der einzelnen
Glieder, welche sie ausmachen.
Es ist zwecklos, vom Interesse der Gemeinschaft zu
sprechen, ohne zu wissen, was das Interesse des Indivi¬
duums ist. Man sagt, ein Ding ruft das Interesse eines
Individuums hervor oder ist in seinem Interesse, wenn es
darauf hinzielt, die Gesamtsumme seiner Freuden (bzw.
Lust) zu vermehren oder, was dasselbe ist, die Gesamt¬
summe seiner Schmerzen (bzw. Unlust) zu vermindern.
Man kann also sagen: eine Handlung entspricht dem
Prinzip der Nützlichkeit, wenn ihr Bestreben,
das Glück der Gemeinschaft zu vermehren, größer ist als
das, es zu vermindern.
Eine Maßregel der Regierung (welche nur eine beson¬
dere Art von Handlung ist, vollzogen von einer besonde¬
ren Person oder mehreren Personen) entspricht dem
Prinzip der Nützlichkeit, wenn ihr Bestreben, das Glück
der Gemeinschaft zu vermehren, größer ist als das, es zu
vermindern.
Braucht dieses Prinzip (der Nützlichkeit) irgend einen
Beweis? Es scheint nicht: denn das, was dazu benutzt
wird, alles andere zu beweisen, kann nicht selber bewiesen
werden; eine Kette von Beweisen muß irgendwo ihren
Anfang haben. Solch einen Beweis zu liefern, ist ebenso
unmöglich wie nutzlos.
Kap. 4, S. 2
Kap. 5, S. 2
Kap. 6, S. 2
Kap. 7, S. 2
Kap. xi, S. 2
Antworten auf Einwürfe gegen das Prinzip
der Nützlichkeit.
. ... D ie Tugend ist als der Nützlichkeit entgegen- s. 12
gesetzt hingestellt worden. Die Tugend, so hat man ge¬
sagt, besteht in der Aufopferung unserer Interessen unter
unsere Pflichten. Um diese Begriffe genau zu erklären:
es ist notwendig zu beachten, daß es Interessen von
verschiedenem Grade gibt, und daß verschiedene In-
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