XI.
Bentham1
(1748—1832).
Einführung in die Prinzipien der Ethik
und der Gesetzgebung.
Über das Prinzip der Nützlichkeit.
Kap. i, S. x Die Natur hat die Menschheit dem Gesetz zweier herr¬
schender Mächte unterstellt: der Unlust und der Lust (pain
andpleasure). Ihnen allein kommt es zu, herauszuheben,
was wir tun sollen, als auch zu bestimmen, was wir tun wer¬
den. Einerseits ist die gesetzmäßige Beziehung (Standard)
zwischen Recht und Unrecht, andererseits die Kette von
Ursachen und Wirkungen an ihre Herrschaft gebunden.
Sie regieren uns in allem, was wir tun, in allem, was wir
denken: jede Anstrengung, die wir machen können um
unser Joch abzuwerfen, wird nur dazu dienen, sie aufs
neue zu beweisen und zu befestigen. Mit Worten mag
jemand beabsichtigen, ihre Herrschaft abzustreiten, aber
in Wirklichkeit wird er ihnen dauernd unterworfen blei¬
ben. Das Prinzip der Nützlichkeit erkennt diese
Unterwerfung an und benutzt es zur Gründung desjenigen
Systems, dessen Gegenstand (object) es ist, die Erschaf¬
fung der Glückseligkeit durch Vernunft und Gesetz zu
ermöglichen (to rear).
Kap. 2, S. 1 Mit dem Prinzip der Nützlichkeit ist dasjenige
Prinzip gemeint, welches sich in jedweder Handlung be¬
währt oder nicht bewährt, gemäß der Tendenz, welche
offenbar darin besteht, das Glück der Gesellschaft, deren
Interesse in Frage kommt, zu vermehren oder zu ver¬
mindern. Ich sage: in jeder Handlung überhaupt; darum
nicht nur in den Handlungen eines einzelnen Individuums,
sondern in jeder Maßnahme der Regierung.
1 Aus: „Introduction to the Principles of Morals and Legislation
1789.“ Übersetzt von Christian Herrmann.
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