Full text: Zur Lehre vom Gemüt

Zur Lehre vom Gemüt. 
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frische und matte Stimmung. Wählen wir das Zuständliche 
mit dem „maßgebenden“ Gegenständlichen zusammen zum Ein- 
teilungsgrund, so kommen wir zu der Einteilung der Stimmung 
in heitere und trübe Stimmung. 
Wie aber ist es zu verstehen, daß wir auch von zu¬ 
friedener und unzufriedener Stimmung, von mutiger und ver¬ 
zagter, von übermütiger und demütiger, von ärgerlicher, 
grollender, zorniger, wehmütiger und verbissener, von hoffnungs¬ 
voller, zuversichtlicher und melancholischer Stimmung u, a. m. 
reden? Auch diese verschiedenen Benennungen kennen wir ja 
beim „Gefühl“; wir sprechen von dem „Gefühl“ der Zufriedenheit 
und der Unzufriedenheit, der Verzagtheit und des Mutes usf., 
und in diesen Fällen ist es das maßgebende Gegenständliche, das 
den eigentlichen Grund für die besondere Benennung hergibt. 
Das aber kann bei der Stimmung für diese selben Benennungen 
nicht zutreffen, da das maßgebende Gegenständliche der Stim¬ 
mung ausnahmslos die Körperempfindung ist, die im „Ge¬ 
fühl“ in keinem Fall das maßgebende, aber freilich aus¬ 
nahmslos das begleitende Gegenständliche ist. 
Wenn wir nun doch besondere Benennungen der „Gefühle“ 
auch für Stimmungen verwenden und dieses mit dem Bewußt¬ 
sein der Berechtigung tun, so wird der Grund darin liegen, 
daß „Gefühl“ und Stimmung in solchen Fällen Gemeinsames 
aufweisen, das seinerseits dann Veranlassung gibt, die Stimmung 
mit demselben Titel, wie das „Gefühl“, auszuzeichnen. Daß aber 
dieses Gemeinsame nicht das Zuständliche im „Gefühl“ sein 
kann, ist leicht einzusehen, denn erstens ist für die Einteilung 
der „Gefühle“ in Zufriedenheit, Mißmut, Ärger, Neid, Stolz usf. 
nicht das Zuständliche, sondern das maßgebende Gegenständ¬ 
liche des „Gefühls“ der Einteilungsgrund, und zweitens ist 
das Zuständliche, Lust und Unlust, oft ein nach Art und Grad 
gleiches in jenen verschiedenen „Gefühlen“. 
Das Gemeinsame, das also allein hier in Betracht kommen 
kann, um zu verstehen, daß eine Stimmung dieselbe Be¬ 
nennung, die das „Gefühl“ nach seinem besonderen ma߬ 
gebenden Gegenständlichen bekommen hat, erhält, obwohl ihr 
maßgebendes Gegenständliches ein völlig anderes ist, — das 
gesuchte Gemeinsame von „Gefühl“ und „Stimmung“ kann nur
	        
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