Zur Lehre vom Gemüt.
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was uns das übrige Gegenständliche außer der Körperempfin¬
dung ist, das nicht im Blickpunkt des Bewußtseins steht, also
auch kein „klares Bewußtsein“ aufzuweisen hat. Nur
darin unterscheiden wir uns von Nahlowsky, daß wir nicht
zugeben können, dieses Gegenständliche in der Stimmung
bildete immer ein „buntes Gedränge“; wir meinen im Gegen¬
teil, die Stimmung zeige vielfach gerade nur weniges ver¬
schiedenes Gegenständliche auf.
Ganz richtig hebt Nahlowsky auch die „Unklarheit, die
der Stimmung anklebt“, hervor, aber gerade dieser Umstand
hätte ihm zeigen sollen, daß die Stimmung doch nicht ein
besonderes Gefühl d. i. Lust oder Unlust bedeutet. Das Ge¬
fühl kann eben nicht unter den Gegensatz „klar und unklar“
gebracht werden, es kann nicht klare und nicht unklare Ge¬
fühle geben; das Gefühl zeigt nur den Unterschied der Art
— so ist das Gefühl entweder Lust oder Unlust — und des
Grades — so ist Lust oder Unlust entweder stärker oder
schwächer; aber „klare“ und „unklare“ Lust, oder „klare“ und
„unklare“ Unlust ist nirgends zu finden und nicht zu ver¬
stehen. Wenn nun, wie Nahlowsky richtig hervorhebt, der
„Charakter“ der Stimmung Unklarheit ist, so muß eben in der
Stimmung selbst Gegenständliches liegen, denn nur was dem
gegenständlichen Bewußtsein als Bestimmtheitsbesonderheit
zugehört, also Wahrnehmungen, Vorstellungen, Gedanken, kann
„klar“ und „unklar“ als seine Bestimmung tragen. Gewiß
soll nicht bestritten werden, daß der Stimmung immer Un¬
klarheit zukommt, aber diese Tatsache ist eben der beste
Beleg dafür, daß Stimmung, zu der doch ebenso gewiß immer
Gefühl (Lust oder Unlust) gehört, eine Bestimmtheitsbesonder¬
heit des Bewußtseins sei, die außer Gefühl d. i. Zuständlichem
auch Gegenständliches aufweist, sonst könnte sie selber gar
nicht den Charakter der „Unklarheit“, der ihr ja nur um
eines Gegenständlichen willen zufallen kann, haben. Gegen¬
ständliches und zwar unklares Gegenständliches muß
also zur Stimmung als solcher gehören, so wahr Stim¬
mung in allen Fällen den „Charakter der Unklarheit“l) aufweist.
b Man wende nicht ein, daß wir wohl auch doch von „klarer
Stimmung“ sprechen; denn das Wort „klar“ hat hier einen ganz anderen