Full text: Zur Lehre vom Gemüt

Zur Lehre vom Gemüt, 
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wahren, als es sich um die Festsetzung des Verhältnisses der 
„begleitenden“ Körperempfindung’ und deren leiblicher Be¬ 
dingung zu den Gefühlen handelt. Sobald man aber mit 
diesen leiblichen Veränderungen die sogenannten „Gefühls¬ 
äußerungen“ in einen Topf zusammenwirft, und auch ihnen 
dasselbe bedingende Verhältnis zu den Gefühlen beilegt, 
müssen wir auf die Seite derer treten, denen die leiblichen 
Veränderungen, die wir „Gefühlsäußerungen“ nennen, „Folge¬ 
erscheinungen“ d. h. Wirkungen der „Gefühle“ sind. Es ist 
ein Irrtum, zu meinen, „wir lachten nicht, weil wir ver¬ 
gnügt, und weinten nicht, weil wir betrübt wären, sondern 
wir wären vergnügt, weil wir lachten und betrübt, weil 
wir weinten.“ 
In dem ganzen Streite haben also beide Parteien, nennen 
wir sie die Alten und die Jungen, Recht und Unrecht zugleich, 
die Alten haben Recht, sofern sie die unter dem Namen „Ge¬ 
fühlsäußerungen“ bekannten leiblichen Veränderungen von 
den „Gefühlen“ bedingt sein, also den Gefühlen folgen 
lassen, sie haben Unrecht, wenn sie auch diejenigen leiblichen 
Veränderungen, wrelche die „begleitenden“ Körperempfindungen 
unmittelbar bedingen, und diese Körperempfindungen selber für 
die Wirkung des „Gefühls“ ausgeben. Und die Jungen haben 
Recht, sofern sie die letztgenannten leiblichen Veränderungen 
als eine wirkende Bedingung der „Gefühle“ verteidigen, 
Unrecht aber haben sie, wenn von ihnen auch die soge¬ 
nannten Gefühlsäußerungen zu einer wirkenden Be¬ 
dingung der „Gefühle“ verkehrt werden, da sie doch deren 
Wirkung sind. 
Sobald die Jungen zur vermeintlichen Bestätigung ihrer 
Meinung nun darauf hin weisen, daß man „künstlich“ durch 
Hervorrufen von leiblichen Veränderungen bestimmte „Ge¬ 
fühle“ bewirken könne, so ist eben die Rechnung, die sie an¬ 
stellen, doch nicht richtig, insofern es sich um das Hervor¬ 
rufen leiblicher Veränderungen, die von uns als Gefühlsäußerung 
bezeichnet sind, handelt: wenn ich mich z. B. durch eine starke 
Zwiebel zum Weinen bringe, so bewirkt dieses Weinen keines¬ 
wegs, daß ich betrübt werde. Nur soweit ist ihre Rechnung 
richtig, als es sich um das Hervorrufen derjenigen leiblichen
	        
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