Full text: Zur Lehre vom Gemüt

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Zur Lehre vom Gemüt. 
oder unwillkürlich, ist hier ohne Belang) gehört. Gerade diese 
Tatsache mag auch mit Schuld sein an der irrigen Behauptung 
von dem „Gefühlstone“ des besonderen Gegenständlichen. In¬ 
dem man die Aufmerksamkeit auf ein Besonderes des gegen¬ 
ständlichen Bewußtseins, z. B. eine bestimmte Tonempfindung 
oder Farbenemptindung, richtete und nun das zugleich mit ihr 
auftretende Gefühl feststellte, meinte man dies Gefühl jener 
Empfindung allein zuschreiben zu können, weil man das, was 
außerdem noch als Gegenständliches des Bewußtseins zugleich, 
wenn auch nicht im Blickpunkt des Bewußtseins, sich fand, 
übersah und für nichts achtete, während es tatsächlich doch 
das Gefühl mitbedingte. Denn daß dies letzte immer der 
Fall ist, läßt sich schon daraus entnehmen, daß bei Wieder¬ 
holung des Gegenständlichen nicht die gespannte Aufmerk¬ 
samkeit allein genügt, um die betreffende Empfindung wieder 
von demselben Gefühl begleitet zu haben, sondern daß dieses 
selbige Gefühl nur dann erst wieder da ist, wenn auch die 
anderen Umstände d. h. das übrige Gegenständliche des Be¬ 
wußtseins oder wenigstens Gegenständliches von demselben 
Gefühlswerte, wie dieses, auch da ist. 
Immerhin bleibt es dabei, daß jedes Gegenständliche des 
Bewußtseins den höchsten Gefühlswert in der Aufmerksam¬ 
keitsstellung erreicht; je mehr sich, wie man sagt, die Auf¬ 
merksamkeit auf ein besonderes Gegenständliches einstellt, um 
so „maßgebender“ ist dieses für das mit ihm zugleich auf¬ 
tretende Gefühl, ohne freilich doch jemals die alleinige „be¬ 
sondere“ Bedingung des Gefühls sein zu können. Niemals auch 
ist es ohne irgend anderes Gegenständliches in seiner Begleitung, 
und diese seine Umgebung hat immer auch irgendwelchen 
Gefühlswert. Wir dürfen daher, wenn wir auch dem Sprach¬ 
gebrauch folgen und einem besonderen Gegenständlichen ein 
bestimmtes Lust- oder ünlustgefühl als das ihm „eigene“ 
zuschreiben, niemals vergessen, daß diese Behauptung, um 
einen guten Sinn zu behalten, zur stillschweigenden Voraus¬ 
setzung hat: einmal, daß sich dieses Gegenständliche in der 
Aufmerksamkeitsstellung befinde und ferner, daß es unter 
einer wenigstens dem Gefühlswerte nach gleichen „Um¬ 
gebung“ im gegenständlichen Bewußtsein auftrete. Nun ist
	        
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