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Zur Lehre vom Gemüt.
sogar aus „Lust- und Unlustgefühlstönen“ gemischt sein
werde.
Zu dem von Lehmann selber (a. a. 0. S. 260) unlösbar ge¬
nannten Rätsel „des einen, aus Lust und Unlust gemischten
Gefühls“ gesellt sich indes noch ein anderes Rätsel mit der
Behauptung Lehmanns, daß derartiges eines Gefühl trotz seiner
Lust-Unlust-Mischung doch in einem Fall nur als ein Lust¬
gefühl und in einem anderen nur als ein Unlustgefühl vorliegen
werde. Nirgends im Gegebenen sonst, wo die Gelegenheit den
Begriff „Mischung“ ohne Zwang anzuwenden sich bietet,
stoßen wir auf etwas, das jener Behauptung Lehmanns ent¬
spräche und sich mit ihr deckte. Wollte man etwa darauf
hinweisen, daß doch Mischungen von Ungleichartigem, z. B.
von Süßem und Saurem, sich finden, in denen das Süße oder
das Saure überwiegt, so trifft dieser Hinweis nicht die rich¬
tige Stelle, denn hier ist das Entscheidende doch, daß das
Ganze, die „eine“ Empfindung selbst ein Süß-Saures und nie¬
mals entweder nur Süßes oder nur Saures bietet, während
doch nach Lehmann das angeblich „gemischte“ eine Gefühl
in dem einen Falle ?,den Charakter der Lust“, in dem anderen
„den der Unlust“ haben soll. Bezeichnend ist es freilich, daß
Lehmann in dem letzten Falle sich wieder einschränkend
äußert: „das Unlustmoment sei überwiegend“; und an einer
anderen Stelle sagt er (a. a. 0. 259), daß das „gemischte Ge¬
fühl dieser Art“ nicht den Vergleich mit chemischen Verbin¬
dungen aushalten könne, weil „in diesen die Eigenschaften der
Elemente verschwinden und ein neuer Stoff mit ganz neuen
Eigenschaften entsteht; ein solches Verhältnis treffen wir aber
bei den gemischten Gefühlen nicht an; in diesen können wir
nämlich ja noch beide Bestandteile beobachten; denn fühlten
wir nicht, daß sowohl Lust als auch Unlust vorhanden ist, so
würden wir nicht imstande sein, sie als gemischte Gefühle
zu bezeichnen.“ Hier hat es den Anschein, als ob Lehmann
für das zuständliche Bewußtsein des betreffenden Seelenaugen¬
blickes nicht, wie er sonst behauptet, ein einziges Gefühl,
sondern zwei besondere Gefühle, ein Lust- und ein Unlust¬
gefühl nebeneinander, also keine „Mischung“ annimmt, spricht
er doch davon, daß man in dem einen Augenblicke „sowohl