Zar Lehre vom Gremüt.
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des betreffenden Gefühls ausschließlich an die besondere Vor¬
stellung und somit die Berechtigung, dieses Gefühl als „Ge¬
fühlston der Vorstellung“ zu bezeichnen, herleitet. Wir meinen
aber, in solchen Fällen sei ohne Weiteres nur dies schlecht¬
hin sicher, daß in demselben Augenblick, in dem wir die
betreffende Wahrnehmung („Vorstellung“) hatten, auch jene
besondere Lust oder Unlust, und zwar als Bestimmtheitsbeson¬
derheit des zuständlichen Bewußtseins, da war. Indessen in
demselben Augenblicke waren doch gewiß als Wahrnehmung
oder Vorstellung auch noch anderes Gegebenes da! Mit
welchem Rechte, fragen wir daher, wird also nun jener einen
besonderen Wahrnehmung oder Vorstellung die auch mit ihr
allerdings zugleich gegebene Lust oder Unlust als deren „Ge¬
fühlston“ angehängt, zumal, wenn man, wie wir oben schon
feststellten, einräumt, daß nicht immer ein und derselbe „Ge¬
fühlston“ einer und derselben Wahrnehmung-Vorstellung eignen
soll und sogar auch überhaupt nicht an eine jegliche Wahr¬
nehmung-Vorstellung zu jeder Zeit ein Gefühl „gebunden“
sein soll. Unsere Aussage, etwas sei angenehm oder un¬
angenehm gewesen, habe Lust oder Unlust bereitet, kann
doch, bevor die Berechtigung, das betreffende Gefühl aus¬
schließlich an eine unter mehreren gleichzeitigen besonderen
Wahrnehmungen und Vorstellungen als deren besonderen „Ge¬
fühlston“ gebunden zu erachten, nicht tatsächlich nach¬
gewiesen ist, nur so viel als sicher vertreten, daß eben diese
oder jene besondere Wahrnehmung-Vorstellung und eine be¬
sondere Lust oder Unlust ein und demselben Bewmßtseins-
augenblicke als Bestimmtheitsbesonderheiten zugehört haben.
Es mag richtig sein, daß die Lust oder Unlust in Wahrheit
durch jenes Gegenständliche mit „bedingt“1) und in diesem
Sinne an dasselbe „gebunden“ ist; aber durch die von Leh¬
mann selbst gemachte Einschränkung, ein bestimmtes Gefühl
sei keineswegs allgemein oder schlechthin mit einem be¬
stimmten Gegenständlichen des Bewußtseins verknüpft, ist
schon unbemerkt zugestanden, daß dieses Gegenständliche
*) Welchen Sinn hier das Wort „bedingt“ habe, siehe Rehmke
Lehrbuch der allgem. Psychologie, 2. Aufl., § 35.
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