Zur Lehre vom Gemüt.
3
mitteüen. Diese Mitteilungsmöglichkeit von Gegebenem durch
Worte ist aber, wenn es Fühlbares betrifft, nicht ohne
weiteres so gesichert, wie wenn es sich um Anschaubares
handelt, und zwar liegt dies darin begründet, daß Gegebenes,
das wir als Anschauung haben, als gemeinsame Anschauung
unmittelbar vorliegt, während solche Gemeinsamkeit unmittel¬
baren Gegebenseins für das, was wir als Gefühl haben, nicht
besteht. Daraus ergibt sich schon, daß die Aussage, die
Anschaubares zum Ausdruck bringt, mit größerer Sicherheit
von vornherein auf volles Verständnis rechnen kann als die¬
jenige, in der der Sprechende Fühlbares zur Mitteilung bringen
will. Was ich mit einem Worte meine, läßt? sich letzten
Endes, wenn es sich um anschaubares Gegebenes handelt,
zum Verständnis für die Anderen bringen, indem ich auf un¬
mittelbar gemeinsam uns Vorliegendes Bezug nehme als das
in jenem Worte Gemeinte. Gilt es aber Gefühlen, so fehlt ein
solches Verständigungsmittel, denn das Gegebene, das wir
„Gefühl“ nennen, ist unmittelbar Gegebenes nur demjenigen
Einzelwesen, dem es eigen ist, kann also niemals als solches
ein gemeinsames Gegebenes sein.
So ist es denn verständlich, daß immerhin, wenn es um
das Gegebene geht, das als Gefühlsleben bezeichnet zu werden
pflegt und auf das unser Wort „Gemüt“ zutrifft, die Schwierig¬
keit im Gegensatz zum anschaubaren Gegebenen eine größere
für die Darstellung und Verständigung sein wird, da der
unmittelbare Hinweis auf gemeinsam Gegebenes des Gefühls¬
lebens völlig ausfällt.
Wir sprechen von einem stillen und einem erregten Ge-
müte, von einem starken und einem schwachen, von einem
empfänglichen und einem verschlossenen, einem tiefen und
einem flachen, einem stolzen und einem bescheidenen, einem
tapferen und einem furchtsamen, einem reizbaren und einem