Zur Lehre vom Gremüt.
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heit eines Seelenaugenblickes ansmache. Das Gegenständliche,
das ja immer als mehr er es im Bewußtsein sich findet, würde
freilich die Behauptung von mehreren zugleich gegebenen Gemüts¬
zuständen von sich aus nicht nur nicht hindern, sondern wohl
gar begünstigen, wie aus der Aufstellung von „Gefühlstönen“
oder „Elementargefühlen“ ersichtlich ist; so muß es denn das
Zuständliche des Bewußtseinsaugenblickes, das immer nur ein
Gefühl und zwar ein einfaches ist, sein, aus dem die Behauptung
daß stets nur ein Gemütszustand jedem Seelenaugenblicke zu¬
komme, verständlich wird und als die allein zutreffende sich ergibt.
Neigt man aber der Meinung zu, daß das anscheinend
eine Gefühl des Augenblickes in Wahrheit ein Zusammen von
mehreren „Elementargefühlen“ sei, deren jegliches als be¬
sonderes Gefühl („Gefühlston“) mit je einem besonderen Gegen¬
ständlichen des Augenblickes verknüpft sei, so muß man folge¬
richtig auch die Behauptung von dem einen Gemütszustände
durch die andere ergänzen, daß der anscheinend eine Gemüts¬
zustand des Bewußtseinsaugenblickes tatsächlich ein Zusammen
von mehreren Gemütszuständen — „Elementargemütszustände“
würden diese dann wohl heißen — sei. Wir wüßten auch nicht, wie
sich insbesondere diejenigen, die von „Elementarempfindungen“
als dem allein Ursprünglichen im Seelenleben, und nicht von
einem Seelenwesen, dessen Bestimmtheitsbesonderheit die
Empfindungen sind, ausgehen und somit zur Annahme von Ele¬
mentargefühlen oder „Gefühlstönen“ sich genötigt sehen, der
Behauptung einer Mehrzahl einfacher Gemütszustände (Ele¬
mentargemütszustände) in einem und demselben Bewußtseins¬
augenblicke sich entziehen können. Allerdings stützte sich
ihre Behauptung auf nichts als auf eine bloße papierne
Rechnung, denn eine Mehrzahl zugleich auftretender Gemüts¬
zustände eines Bewußtseins findet sich ebensowenig, wie eine
Mehrzahl von Gefühlen in einem und demselben Bewußtseins¬
augenblicke. Wer andererseits aber nur einen und zwar nicht
aus „Elementargemütszuständen“ zusammengesetzten Gemüts¬
zustand dem Bewußtsein in einem und demselben Augenblicke
zubilligt, der ist dann auch gezwungen, nur ein und zwar ein¬
faches Gefühl als zuständliche Bestimmtheitsbesonderheit des
einen Seelenaugenblicks anzuerkennen.