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Zur Lehre vom Gemüt.
allein, aber der Grad, die Intensität desselben von dem gesamten
Gegenständlichen des Bewußtseinsaugenblickes bedingt ist, so
wird immer schon aus der großen Intensität der Körper¬
empfindung des Affektes, auch abgesehen von dem anderen
Gegenständlichen, verständlich, daß das Gefühl des Affektes
immer einen hohen Grad aufweist.
Ist aber auch im Affekt die Körperempfindung immer
von großer Intensität, so bleibt sie doch im Affekte nur das
„begleitende“ Gegenständliche, während das „maßgebende“
Gegenständliche im Affekte, das demnach im Blickpunkte des
Bewußtseins, also im hellsten Lichte des Bewußtseins steht, ein
anderes Gegenständliches (Wahrnehmungs-Yorstellung)ist.
So steht denn auch im Affekt die Körperempfindung im
unmittelbaren Abhängigkeitsverhältnis zum „ma߬
gebenden“ Gegenständlichen, wie dies ja im „Gefühl“
überhaupt sich findet (s. S. 57 f.), und darum läßt sich auch mit
Recht behaupten: daß der durch die große Intensität seines „be¬
gleitenden“ Gegenständlichen sich stets kennzeichnende Affekt
überhaupt auftritt, liegt in letzter Linie an dem das Auftreten
dieser Körperempfindung bedingenden Gegenständlichen, das als¬
dann wieder als das „maßgebende“ im Affekte sich noch findet.1)
Wenn nun manche Psychologen das Überraschende und
Plötzliche als das für den Affekt Kennzeichnende ansehen, so
führt dies in den Fällen, in denen es überhaupt zutrifit,
geradezu auf das von uns herausgestellte allgemeine Kenn¬
zeichen des Affektes als eines besonderen „Gefühls“, denn das
„Überraschende“ und „Plötzliche“ ergibt sich aus der auftreten-
den starken Körperempfindung, indem ihr schwache
Körperempfindungen unmittelbar vorhergegangen sind.
Dieser Kontrast macht die „Plötzlichkeit“! Ein Beleg für die
Richtigkeit unserer Behauptung ist gerade das Beispiel, das von
jenen Psychologen in erster Linie für ihre Ansicht ins Feld
b Wer an Stelle dieser gegenständlichen Bestimmtheitsbesonderheit
des Bewußtseins lieber deren besondere physiologische Bedingung und
an Stelle des „begleitenden“ Gegenständlichen lieber dessen besondere
physiologische Bedingung setzen möchte, mag dies tun, an der allgemeinen
Auffassung der Sache ändert dies, wie wir ja früher (S. 57) hervorgehoben
haben, gar nichts.