auf den Rhein bei Worms zielte. Der nördliche, weniger bedeutende Zweig zielte
ebenfalls auf einen Saarübergang und im weiteren Verlauf auf Mainz.
Die nächste Karte (Nr. 6) zeigt die merowingischen Reihengräberfunde des 677.
Jahrhunderts, von Frauke Stein erstellt: Wir können erkennen, dass die merowingi¬
schen Siedlungen, die durch diese Friedhöfe bezeugt werden, sich im Saartal und
an der großen Straße Metz-Worms, vor allem aber im Bliesgau, dem fruchtbaren
Muschelkalkgebiet im Südosten des Kartenausschnitts, finden. Dort und an der Saar
finden wir auch die ältesten Siedlungen des 6. Jahrhunderts; die Funde an der Straße,
dort, wo die romanischen Reliktortsnamen sich häuften, sind deutlich jünger.
ln der nächsten Karte (Nr. 7) wurden archäologische und onomastische Informa¬
tionen zusammengeführt. Man kann sehen, dass Reihengräberfunde der Mero¬
wingerzeit, die Siedlungen zugeordnet werden können, sich vor allem bei vorger¬
manischen Namen (wie Bliesbolchen, Auersmacher < 777 Auricas Machera), dann
aber in hoher Anzahl bei heim- und mgew-Siedlungsnamen wie (früh!) Güdingen,
Walsheim, Altheim ,Alt-Siedlung‘, Rubenheim aus *Gudingas (Personenname
Gudo), Walahes-heim (Personenname Walah), 1271 Rubenheym, 1330 Robonheim
(Personenname Rubo, Robo) finden, im 7. Jahrhundert auch bei t/o/7-Siedlungsna-
men und sogar vereinzelt bei Namen auf -weder, -viller. Es wird aber auch klar,
dass ganze Felder von -ingen-Namen, etwa südlich von Saarbrücken, zwischen
Rossel, Forbach und Saar keine merowingischen Funde aufweisen. Dies ist sicher¬
lich kein Zufall, sondern Indiz dafür, dass die -mgerc-Namen, im Gegensatz zu den
Namen auf -heim, noch lange nach dem Ende der Reihengräberzeit um 700, viel¬
leicht bis ins 9. Jahrhundert vergeben wurden.
Die nächsten Karten (Nr. 8ff.) konnten nur noch mit philologischem und histori¬
schem Instrumentarium erstellt werden, ihre Objekte sind nach der merowingi¬
schen Reihengräberzeit (bis Ende 7. Jahrhundert) zu datieren: Die Masse der wei-
ler-Namen findet sich am Rande der mit älteren Namenschichten gefüllten Gebiete,
auch am Oberlauf der kleinen Bäche, zaghaft bereits im Waldland nördlich von
Saarbrücken. Das sind typische Ausbaulagen. Eine ganze Kolonie von -hofen-Namen
(die östlich des Rheins eine viel ältere Schicht repräsentieren) findet sich nördlich des
seit der Karolingerzeit belegten Königshofes Völklingen, 822 Fulcolingas
(Haubrichs/Herrmann 2010), am Köllerbach im Waldland, dessen Subzentrum
Kölln, 1378 Collen, 1261 Vallis Colonie (mit Martinskirche) einen weit nach Westen
weisenden Namen hat, der aus lateinisch colonia kommt, im Osten unbekannt, aber
in Frankreich mit zahlreichen Namen wie Coulange, Cologne etc. präsent.
Wie bedeutsam für die Erarbeitung einer historisch realistischen Siedlungsge¬
schichte die archäologischen und onomastischen Quellen sind, verdeutlicht die
Karte 9. Die urkundliche Überlieferung, wie sie bis zum Jahr 1000 manifestiert
wird, ist extrem von der Überlieferung weniger Klöster und Bistümer, zum Bei¬
spiel Metz, St. Denis, St. Avold, Reims etc. abhängig und - von deren gewaltigen
Lücken. Die urkundliche Überlieferung zudem repräsentiert - wie man durch einen
Vergleich mit Karte 8 leicht eruieren kann - durchweg einen älteren Stand der
Siedlungsgeschichte, deswegen weil vorwiegend ältere, bereits mit höherer Be¬
deutung versehene Siedlungen (und seltener die Ausbauorte) in der urkundlichen
Überlieferung erscheinen.
Frauke Stein hat in unendlicher Kleinarbeit viele Studien zu den Interferenzge¬
bieten zwischen Germania und Romania betrieben, zum Beispiel die wichtige, in¬
itiale Übersicht über die Bevölkerung des Saar-Mosel-Raumes am Übergang von
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