So gelang denn auch Landschaft für Landschaft eine genauere Datierung zu¬
mindest der frühen Siedlungsnamen-Typen. Gezeigt werden konnte zum Beispiel
an Hand der Zuordnung von archäologischen Daten zu bestimmten Siedlungen und
deren Namen, dass die weiler-Namen in Lothringen, im Westen des Interferenzge¬
bietes, bereits im 7. Jahrhundert beginnen, und sich allmählich nach Osten aus¬
breiteten (Haubrichs 1996; Pitz 1997). Weitere Differenzierungen, auch für lotha¬
ringische Münzorte und Monetamamen ergaben sich aus intensiver Zusammenar¬
beit mit der zuletzt in Lyon wirkenden, allzu früh verstorbenen Philologin, Germa¬
nistin und Romanistin Martina Pitz (vgl. Pitz/Stein 2000, 2008).
In unseren gemeinsamen Kolloquien wurde die potenzielle Frequenz der Sied¬
lungsnamen-Typen germanischer oder romanischer Provenienz mit der Frequenz
der bestimmten Orten zuzuordnenden archäologischen Daten (übrigens auch der ja
ebenfalls eine alte Schicht darstellenden Pfarrkirchen) verglichen. Mit wünschens¬
werter Prägnanz ließ sich dabei stets die Sonderstellung der vorgermanischen
Siedlungsnamen aufzeigen, die am stärksten mit archäologischen Funden korreliert
waren, deutliches Indiz romanischer Primärkontinuität, an die neue Siedlung an¬
knüpfte (vgl. Ament 1992, Haubrichs 1998). Deutlich auch die frühe Stellung der
heim-Namen, die für den Mittelrhein vor allem im Kolloquium über den Worms¬
gau, der zugleich eine günstige historische wie auch archäologische Quellensitua¬
tion bietet, hervortrat: Etwa 70 % der //e/w-Namen sind mit merowingischen Fun¬
den korreliert, die bereits im frühen 6. Jahrhundert beginnen. Da bedeutet der phi¬
lologische Befund, dass die mittelrheinischen heim-Namen in beachtlicher Anzahl
romanische und romanisierte germanische Personennamen enthalten (so wie das
auch im Salzburger Raum festzustellen ist), eine Herausforderung zur Interpreta¬
tion. Dagegen sind die ingen-Namen durchaus differenziert in ihrer Chronologie zu
betrachten, wie das sich an einer gerade mit Frauke Stein unternommenen Studie zur
Siedlungsgeschichte des Saarbrücker Raumes ablesen lässt (Haubrichs/Stein 1999).
Huldigen wir also ein wenig - hier in Saarbrücken - dem „genius loci“! 1999
ergab sich, anlässlich des 1000-jährigen Stadtjubiläums, in einem breiten ganz we¬
sentlich von Frauke Stein getragenen Ansatz die Gelegenheit, die frühmittelalterli¬
che Geschichte dieses Raumes nachzuzeichnen, dies auch ganz wesentlich in Kar¬
tenbildern (vgl die Karten 5ff.), die ein wenig auch die im Kolloquium angewandte
Methode im Zusammenspiel von Archäologie und Philologie, Onomastik charak¬
terisieren. Die Karten enthalten das Gewässersystem, die heutige Waldbedeckung,
andeutend auch Höhenlinien. Die Karte, die erste in einer längeren Folge, stellt die
Namen vorgermanischer Herkunft, zum Beispiel die acww-Namen Hilariacum-St.
Avold, Bolchen an der Blies oder Merten an der Bist dar, und die nach sogenannten
Walen, das heißt dem alten deutschen Ausdruck für Romanen (in Bayern und
Österreich heißen sie Walchen) benannten Orte. Es lässt sich gut zeigen, dass sie
im Wesentlichen am Rande des großen Waldgebiets südlich der mittleren Saar,
südlich von Völklingen und Saarbrücken liegen, typische Reliktlagen, aber zu¬
gleich wie man im großräumigen Vergleich noch besser zu erkennen vermöchte, in
der Nähe von Straßen gelegen sind, die von dem bedeutenden römischen Zentrum
Metz ausstrahlten und das dortige Waldgebiet, später Warndt geheißen, südlich
und nördlich umgingen. Der südliche Zweig zielte auf den römischen Vicus und
das römische Kastell bei Saarbrücken, dort wo später am Saarübergang Kirche und
Stift St. Arnual entstanden, am Saarübergang der Straße, die über Kaiserslautern
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