Alte Völklinger Hütte
Anmerkungen eines Denkmalpflegers zum künftigen Ge¬
brauch der Hütte und zum Umgang mit einem Weltkultur¬
erbe1
Johann Peter Lüth
Einführung
„Wenn Kunst Zeitausdruck sein kann, sind unsere Industriebauten die stärksten
Zeugen heutiger Kunst“ (Herrmann Keuth, Das schöne Land an der Saar, 1925 un¬
ter einer Skizze zur Völklinger Hütte)
Äußere Ereignisse zur Befestigung eines schwierigen
Denkmals im öffentlichen Bewusstsein
Am 4. Juli 1986, 113 Jahre nach Gründung der Hütte, war mit der Stillsetzung des
Hochofens VI das Ende der Roheisenerzeugung der ehemals Röchling’schen Ei¬
sen- und Stahlwerke, der heutigen Saarstahl AG, gekommen. Die Roheisenversor¬
gung des weitergefuhrten Stahl- und Walzwerks der Saarstahl AG übernahm die
Dillinger Hütte.
Die Folgen der Stillsetzung: die Flächen der Roheisenerzeugung und ihrer
Schlackenbrechanlage bescherten der Stadt Völklingen, zusammen mit den bereits
zuvor aufgegebenen Bereichen der Kohlen wertstoffbetriebe und der Zementfabrik,
eine Industriebrache von etwas mehr als 60 Hektar Größe, mitten in der Stadt, im
Bogen zwischen Saar und Eisenbahnstrecke Saarbrücken - Trier.
Ihre städtebauliche Neuordnung begleiteten drei Handycaps.
Das erste:
Ein Denkmalensemble zur Roheisenerzeugung, in seiner Art, Komplexität und
Größe ohne bekanntes Vorbild, blockiert ca. 7 Hektar in zentralster Lage der Bra¬
che, östlich und westlich der Rathausstraße als ihrer öffentlichen Haupterschlie¬
ßung. Nach den Verlusten in einer ersten Schlacht um den Erhalt von Teilen der
ältesten Hütte in Neunkirchen hatte sich die saarländische Denkmalpflege der Völ¬
klinger Hütte zugewandt und aus der Niederlage gelernt: diesmal vertraute sie der
Macht und Eindrucksgewalt des dicht organisierten bizarren Komplexes der ge¬
samten Hochofenanlage — und nahm sie in toto unter ihre Fittiche (in Neunkirchen
hatte sie ein „kleines Ensemble“ aus einem Hochofen, seinen Cowpem und dem
Gebläsehaus nicht retten können).
Dieser Bericht war Teil eines Symposions vom 5.-6. März 1997 im Deutschen Bergbau-
Museum in Bochum, wurde für die Veröffentlichung in Nr. 5.1 METALLA - For¬
schungsberichte des Deutschen Bergbau-Museums 1998 aktualisiert und ist für diese
Veröffentlichung erneut durchgesehen und um zwei Nachbetrachtungen zur Hütte aus
den Jahren 2005 und 2010 ergänzt worden.
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