Fazit: Der Weg der Saarwellinger Gemeindemitglieder in diesen entscheidenden
Umbruchsjahren war stets von erheblichen materiellen Forderungen der Kriegs¬
parteien begleitet. Der kriegsbedingte politisch-gesellschaftliche Wandel führte
vom Untertan im kleinstaatlich- absolutistischen Alten Reich zum postulierten be¬
freiten Individuum bzw. Patrioten der französischen Republik aufgrund des Befrei¬
ungsdekrets, je nach der Kriegslage zum Dasein eines von Plünderungen bedrohten
potentiellen Flüchtlings, dann zum von den Ausleerungskommissionen traktierten,
zum Teil arg gebeutelten Bewohner der pays conquis bis zum französischen admi¬
nistré und Steuerzahler in den neu geschaffenen Departements.
Eine eigenständige politische Positionsbeziehung wie etwa im Reunionsgesuch
des Oberamts Schaumburg trug den ökonomischen Faktoren ebenso Rechnung wie
deren Fehlen in Saarwellingen, wo man mittels erprobter kommunaler Strukturen
und Solidarität den Zeitläufen trotzte. Exekutive und legislative Aufgaben wurden
wahrgenommen sowie Investitionen und die anfallenden administrativen Maßnah¬
men getätigt. Der Rückgriff auf autonome Strukturen und kommunale Selbstbe¬
stimmung hatte in Saarwellingen wie in anderen kleinherrschaftlich geprägten
Gemeinden eine lange Tradition. Bis unmittelbar vor der Französischen Revolution
und seit den Tagen der province de la sarre und der dort genossenen Freiheit hat¬
ten die Saarwellinger Widerstand einerseits gegen hergebrachte Abgaben und
Dienste geleistet, aber auch gegen eine Herrschaftsintensivierung und eine Öko¬
nomisierung der örtlichen Ressourcen durch die Herrschaft. Insofern war die in den
Revolutionskriegen gewählte Strategie einer eigenständigen Krisenbewältigung
eingeübte Praxis59. Zugleich markiert das Jahr 1798 mit der dauerhaften Einrich¬
tung der französischen Verwaltung aber auch das Ende dieser De-Facto-Autono-
mie, während das französische Rechtssystem und die neue Eigentumsordnung, die
für das Land an der Saar die eigentliche Revolution bedeuteten, ihre Wirkung erst
nach dem hier behandelten Zeitraum entfalteten60.
Karten siehe Abbildungsteil S. 309, 310.
Kf.ll, Irrungen (wie Anm. 2), S. 29-31.
60 Stein, Eingliederung (wie Anm. 3), S. 184.
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