dieser nachgeordneten Herren, während der Pfalz-Zweibrückische Lehnsherr eine
ablehnende Haltung gegenüber den Verfolgungen einnahm140.
In den buchstäblichen Brennpunkten der „saarländischen“ Hexenverfolgungen
spielten demnach die lokalen Hochgerichtsherren eine entscheidende Rolle. Dabei
traf die Hexenpolitik der „kleinen“ Herren auf ein dezidiertes Verfolgungsdrängen
auf Seiten der Bevölkerung. Ohne Zweifel gaben Petitionen und Supplikationen
„pro Hexenjagd“ einen wichtigen Impuls zur Aufnahme von Verfahren141. Hexen¬
ausschüsse besorgten darüber hinaus - nicht selten in Anmaßung obrigkeitlicher
Prärogativen - einen Großteil der Voruntersuchung durch das Beibringen von An¬
klagen, (vermeintlichen) Indizien, Besagungen und Zeugenaussagen. Ihre Vor¬
absprachen gewährleisteten eine Finanzierung der Verfahren; bei der Verhaftung
und Bewachung der Verdächtigen dienten sie als Büttel, deren polizeiliche Funkti¬
onen nicht selten vom Zender übertragen worden waren. Jedoch repräsentierten
Ausschüsse und Supplikationen im Namen der gesamten Gemeinde tatsächlich
immer nur bestimmte Interessen- und Akteursgruppen. Der nach außen und nach
oben unisono artikulierte Aufruf zur Hexenverfolgung wurde trotz gegenteiliger
Behauptungen nie von der „gesamten“ Bevölkerung getragen, sondern nur von
durchsetzungsfähigen und interessengeleiteten Gruppierungen, die sich das
Schweigen und das Mitlaufen der Mehrheit zunutze machten. Die soziale Veror-
tung der Ausschussmitglieder und ihre konkreten Aktionen fassen sich jedoch ge¬
rade für den „Saarraum“ nur schwer ausmachen, da die erhaltenen Prozessakten
dazu nur wenige Informationen bieten142.
Die kommunale Beteiligung an den Hexenjagden trat in vielfältigen Erschei¬
nungsformen auf. Generell funktionierte das Ausschusswesen in den Herrschaften
und Territorien im Maas-Rhein-Mosel-Saar-Raum zwar ähnlich, aber nicht gleich¬
förmig. Es wäre irreführend, es als ein festgefügtes, stets den gleichen Regeln fol¬
gendes gemeindliches Instrument kommunalistischer Prägung anzusehen.
Die zugeschriebenen oder usurpierten Kompetenzen der Ausschussmitglieder
blieben jedoch stets abhängig von zwei Faktoren: erstens von der Akzeptanz im ei¬
genen lokalen, dörflichen oder städtischen, sozialen Milieu sowie von der Legiti¬
mation, welche die Ausschussmitglieder aus der jeweiligen politischen Verfasstheit
ihrer Gemeinden zogen. Dieses konstitutive Moment der Ausschussbildung ist ins¬
gesamt noch zu wenig erforscht. Neben der gewohnheitsrechtlich und meist genos¬
senschaftlich begründbaren Basis der Ausschüsse blieb zweitens der politisch-ge¬
richtsrechtliche Spielraum entscheidend, den ihnen die Obrigkeit einräumte. Lo¬
i4il Hoppstädter, Hexenverfolgungen (wie Anm. 33), S. 24lf.; Labouvie, Zauberei (wie
Anm, 22), S. 276, Anm. 134.
141 Vgl. Rita Voltmer und Shigeko Kobayashi, Supplikationen und Hexereiverfahren im
Westen des Alten Reichs - Stand und Perspektiven der Forschung, in: Kurtrierisches
^ Jahrbuch 51 (2011), S. 247-269, besonders S. 253-256, 266f.
I4‘ Quint, Hexenverfolgungen (wie Anm. 111), S. 11.- Während in Kurtrier die nur frag¬
mentarisch überlieferten Quellen ähnlich schweigen wie für den „Saarraum“, lassen sich
für die Mitglieder der Hexenausschüsse und Monopole in den kurtrierischen Kondomi¬
nien, in St. Maximin oder in Luxemburg aufgrund der sehr guten Überlieferungslage de¬
tailliertere Angaben machen; vgl. generell Rummel, Bauern (wie Anm. 82). S. 276-294;
Voltmer, Monopole (wie Anm. 51), S. 38-55.
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