Mittelalterliche Hospitäler im Einzugsgebiet der Saar
Michel Pauly
Papst Innozenz III. definierte 1210 das Metzer St.-Nikolaus-Hospital als peregri¬
norum et pauperum ac aliorum inde transeuntium fore receptaculum'. Damit nann¬
te er die zwei wohl zahlreichsten Kategorien von Insassen mittelalterlicher Hospi¬
täler: Pilger und Arme. Die Quellen gebrauchen häufig auch das Begriffspaar pau¬
peres et infirmi. Wirtschaftliche, physische, aber auch soziale oder rechtliche
Schwäche konnte Armut bedeuten und verlangte in den Augen der christlichen
Moral nach Unterstützung, nach Fürsorge. Häufig kumulierten Arme mehrere die¬
ser Merkmale: So waren Pilger nicht nur Fremde, sondern oft auch Kranke auf der
Suche nach Heilung, kinderlose Alte waren in den Städten zunehmend isolierte
Menschen, Arme waren häufig unterwegs auf der Suche nach Nahrung oder einer
neuen Existenz. Nur selten waren Hospitäler im Mittelalter Krankenhäuser. Außer
den Leprosenhäusern, die im Folgenden ausgeklammert bleiben, gab es kaum Hos¬
pitäler, die sich auf Krankenpflege spezialisiert hatten, auch wenn die im Saarland
allerdings nicht nachgewiesenen Antoniter eine erfolgreiche Therapie zur Behand¬
lung des Antonius-Feuers, des Ergotismus, entwickelt hatten. Als Hospital wird im
Folgenden eine Institution umschrieben, die ursprünglich verschiedene Arten von
Schwachen in einem dazu eingerichteten Gebäude aufnahm und pflegte. Je nach
Art der aufgenommenen Pflegebedürftigen und nach Dauer der Pflege, aber auch
nach Trägerinstitution und Standort, kann man durchaus verschiedene Typen von
Hospitälern unterscheiden.
Diese Definition beruht auf meiner 2007 erschienen Habilitationsschrift über
Hospitäler zwischen Maas und Rhein vom 6. bis ins frühe 16. Jahrhundert2. Reich¬
te mein damaliger Untersuchungsraum mit einer Fläche von 75.625 km“ vom west¬
lichsten Maasknie bis zum östlichsten Rheinbogen und von Aachen im Norden bis
Mulhouse im Süden, so beschränkt sich der vorliegende Beitrag auf mehr oder we¬
niger denselben, die heutige Staatsgrenzen überschreitenden Raum, den Hans-
Walter Herrmann 1990 in seinem verdienstvollen Beitrag über Städte im Einzugs¬
bereich der Saar bis 1500 bearbeitet hat'. Hatte ich im Gesamtuntersuchungsraum
528 Institutionen der sozialen Sicherung erfasst (ohne Leprosorien), so werden im
1 Archives départementales de la Moselle [künftig: AD Moselle], 1H Al (24.6.1210).
Michel PAULY, Peregrinorum, pauperum ac aliorum transeuntium receptaculum. Hospi¬
täler zwischen Maas und Rhein im Mittelalter (VSWG-Beiheft 190), Stuttgart 2007. Die
dazu gehörige Karte und eine Zusammenfassung der Ergebnisse ist im Internet-Atlas der
Großregion http://gr-atlas.uni.lu öffentlich zugänglich.
Hans-Walter Herrmann, Städte im Einzugsbereich der Saar bis 1400, in: Les petites
villes en Lotharingie/Die kleinen Städte in Lotharingien. Actes des 6es Journées Lotha-
ringiennes, 25-27 octobre 1990, hg. von Michel Pauly (PSH, 108; Publ. du CLUDEM,
4), Luxembourg 1992, S. 225-317. Die zugehörige Karte im Schuber ist insofern zu kor¬
rigieren, dass das für Wallerfangen verzeichnete Hospital erst 1523 erstmals belegt ist,
für Merzig hingegen das nach seinen Angaben „kurz vor 1443“ gestiftete Hospital nach¬
zutragen ist. Ebenso fehlt bei Herrmann ein Hinweis auf das Hospital in Boulay (siehe
unten Anm. 57).
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