den oben genannten Verbreitungsgebieten war glasierte Irdenware nicht häufig,
und vor allem diejenige glasierte Keramik, die zudem noch reich verziert war,
stellte offensichtlich ein teures Gut dar12 *. Konzentriert man den Blick auf die Saar¬
gegend und ihre Nachbarn, so stellt man fest, dass die meisten Fundobjekte der
glasierten, reich verzierten Irdenware aus der Saargegend große Ähnlichkeit mit
den Gefäßen aus Lothringen aufweisen. Sie unterscheiden sich jedoch vollkommen
von den Funden beiderseits des Oberrheins, wo man ebenfalls glasierte Keramik
aus spätmittelalterlichen Kulturschichten kennt.
So kommt im Breisgau glasierte Irdenware ab der zweiten Hälfte des 13. Jahr¬
hunderts vor11. Auch aus dem Eisass liegt ein schriftlicher Beleg für die Herstel¬
lung glasierter Irdenware für 1283 in Schlettstadt (Selestat) vor14. Entsprechende
archäologische Funde aus dem Eisass sind jedoch spärlich publiziert. In der un¬
mittelbaren Umgebung eines Töpferofens aus Straßburg, in dem gegen Ende des
14. Jahrhunderts glasierte Irdenware gebrannt worden war15, wurden Fehlbrände
dieser Keramikart geborgen. Weiterhin wurde aus einem Straßburger Siedlungs¬
befund eine grün glasierte, mit Nuppen besetzte Flasche bekannt, die vermutlich in
das späte 14. Jahrhundert datiert1'1. Dagegen ist aus den Trierer Grabungsbefunden
solche glasierte, reich verzierte Irdenware nicht bekannt.
Auf der Suche nach den möglichen Gründen für diese unterschiedliche Fund¬
dichte kann man, abgesehen von der vorhandenen Forschungslücke, Folgendes in
Erwägung ziehen: So ist es grundsätzlich vorstellbar, dass die glasierte, reich
verzierte Irdenware dort weniger Abnehmer fand, wo man Schankgefäße aus an¬
deren Materialien, zum Beispiel Metallkannen, bevorzugte. Da Metall in den sel¬
tensten Fällen einer späteren Wiederverwendung durch Einschmelzen entgangen
ist, lässt sich dazu anhand der Sachkultur allein nur schwerlich eine Aussage tref¬
fen, und die schriftliche Überlieferung zum 13.-14. Jahrhundert wird in dieser Hin¬
sicht vermutlich wenig ergiebig sein. Denkbar wäre zum Beispiel auch die alter¬
native Verwendung von Krügen und Kannen aus Steinzeug17. Diese Keramik wird
12 Frans Verhaeghe, Aspects sociaux et économiques de la céramique très décorée.
Quelques réflexions, in: Nathalie Dautremont, Daniel Dufournier, Murielle Georges-
Leroy, Un atelier de potier des XIIIe-XIVe siècles à Metz (Moselle), in: La céramique
très décorée dans l'Europe du Nord-Ouest (Xe-XVe siècle), Actes du colloque de Douai
(7-8 avril 1995), Nord-Ouest Archéologie 7 (1996), S. 233-247, hier S. 233f.
11 Stefan Kaltwasser, Keramik im Breisgau, in: Stadtluft, Hirsebrei und Bettelmönch. Die
Stadt um 1300, Stuttgart 1992, S. 324-326.
14 Yves Henigfeld zitiert die Annalen der Dominikaner von Colmar. Ders., La vaisselle
céramique de l'Alsace du XIVe au XVIe siècle, in: La cuisine et la table dans la France de
la fin du Moyen Âge, hg. von Fabienne RAVOIRE/Anne Dietrich, (Publications du
Centre de Recherches Archéologiques et Historiques Médiévales CRAHM), Caen 2009,
S. 282.
15 Ebd., S. 284.
16 Marie-Dominique Waton, Zur Abortgrube umgebauter Keller, in: Leben im Mittelalter.
30 Jahre Mittelalterarchäologie im Eisass, Katalog, hg. von Meinrad Maria Grewenig,
Speyer 1992, S. 128 und Nr. 1.98 Tonkrug, S. 173f.
Steinzeug wird bei ca. 1200-1300°C gebrannt. Bei diesen hohen Temperaturen kommt es
zu einer Sinterung des Scherbens, das heißt, die Bestandteile der Tonmasse schmelzen
weitgehend auf. Dadurch sind im Bruch kaum noch Magerungspartikel zu erkennen. Nur
bestimmte, bei hoher Hitze noch standfeste Tone eignen sich zur Steinzeugherstellung.
Daher wurde Steinzeug im Gegensatz zur Irdenware nur an wenigen Standorten produ-
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