ser Keramikart. Der Gefäßrand wurde während des Drehens häufig unter Zuhilfe¬
nahme eines schablonierten Holzes profiliert, und je nach Bedarf wurden an das
frisch gedrehte Gefäß Henkel und Tülle angamiert. Für den Verwendungszweck
als Kochtopf am offenen Feuer, als Vorratsgefäß zur Aufbewahrung von Lebens¬
mitteln, das durch Auflegen eines Deckels den Inhalt vor Schädlingen sicherte, und
ebenso gut zum Aufträgen von Speisen und Getränken am Esstisch genügten
schlicht gestaltete keramische Behältnisse vollauf. Zumindest während des Hoch¬
mittelalters wurde ein geringes Spektrum an Gefäßformen für vielerlei Zwecke zu¬
gleich eingesetzt. Insbesondere dominierten rundlich-gedrungene Töpfe3. Der
überwiegende Teil der Keramik blieb unverziert. Falls man Gefäße dekorierte, so
bestanden die allermeisten Ornamente nur aus horizontalen Rillen, die auf der
schnell drehenden Scheibe mit einem Profilkamm auf dem frisch gedrehten Ge¬
fäßkörper angebracht wurden. Sehr selten erfolgte nach dem Drehen eines Gefäßes
eine Verzierung durch Stempel, entweder einzeln eingedrückt oder horizontal
abgerollt, oder durch umlaufend eingeritzte Wellen- oder Zickzacklinien. Ebenso
selten wurden plastische Bänder aufgelegt. Demnach umfasste der gesamte Her¬
stellungsprozess bis zum Brennen nur wenige Arbeitsschritte. Solche einfache,
größtenteils unverzierte Keramik wurde vermutlich von vielen kleinen Töpfereien
hergestellt und üblicherweise in den Haushaltungen der nahen Umgebung des Her¬
stellungsortes verbraucht4 6. Man nimmt an, dass es insbesondere im Hochmittelalter
in kleinen Siedlungen auch Töpferöfen gab, die nur periodisch betrieben wurden,
um den Eigenbedarf der Bewohner an schlichten Gefäßen zu decken , ln diesem
Fall kann man vermuten, dass die Keramikproduktion vielleicht nicht von einem
spezialisierten Töpfer oder einer Töpferin ausgeführt wurde, sondern von Mit¬
gliedern der bäuerlichen Gemeinschaft im Rahmen des im Jahreslauf vielfältig an¬
fallenden Hauswerks. Bis zum 14. Jahrhundert änderten sich die Gefäßformen
prinzipiell wenig, und auch ihre Multifunktionalität blieb bis dahin bestehen. Zu
einer größeren Formenvielfalt kam es im 14. Jahrhundert, als man anstelle der
universell verwendeten, rundlichen Töpfe spezielle Gefäße für verschiedene
Zwecke entwickelte (Abb. 2, S. 296). Dies könnte mit einem Wandel der Nah¬
rungszubereitung und Tischsitten Zusammenhängen''. Insbesondere kamen Krüge
aus grauer Irdenware hinzu, die man gemäß einem Bedürfnis nach schön gestal¬
teten Alltagsgegenständen gern mit Ritzungen oder Stempelabrollungen verzierte7.
Es ist anzunehmen, dass sie als Schankgeschirr bei Tisch dienten.
Christel Bernard, Die Gefäßkeramik saarländischer Burgen - ein Forschungsdesiderat.
Erste Einblicke, in: Beiträge zum 1. Saarländischen Burgensymposion, hg. von Hans-
Joachim KÜHN, Saarbrücken/Münster 2009, S. 11-46, hier S. 40, Taf. 2 und Onlinefas¬
sung URL: http://www.zeitensprung.de/KeramikBurgenSaar.pdf, S. 40, Taf. 2.
4 Archäologische Untersuchungen über die Verbreitungsmuster von Töpferwaren belegen,
dass im Gegensatz zum hochwertigen Geschirr verschiedener großer Töpferzentren ein¬
fache Gebrauchswaren in der Regel nicht weit transportiert, sondern von Kunden im
näheren Umkreis des Herstellungsortes abgenommen wurden.
5 Zum Beispiel ein Töpferofen im Dorf Gungling, 11. bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts:
Peytreman, Gungling (wie Anm. 1), S. 74-76.
6 Collectif, „Périodisation et régionalisation de la céramique médiévale en Alsace“, in:
Encyclopédie de l'Alsace 3 (1983), S. 1430-1440.
Bernard, Gefäßkeramik Burgen (wie Anm. 3), S. 41, Taf. 3.
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