Abb. 19: Elfenbein-Spiegelkapsel: Der Liebhaber berührt das Gesicht seiner Dame. London, Victoria &
Albert Museum
paradigmatische Weiberlisten-Geschichte, nämlich die Enthauptung des Holofernes. Die
Vorderseite ziert ein musizierendes Paar, die Rückseite ein Liebesgarten mit Brunnen. Auf
der linken Schmalseite erntet eine höfische Dame Phalli von einem Baum (Abb. 20), wäh¬
rend auf dem der Phallusernte gegenüberliegenden Seitenteil das gegengeschlechtliche Pen¬
dant zu sehen ist: Ein höfischer Kavalier, der einen Baum mit vaginaförmigen Blättern be¬
wundert. Noch direkter ist die erodsche Anspielung auf dem Deckel eines kleinen franzö¬
sischen Holzkästchen des 14. Jahrhunderts, heute im Pariser Musée de Cluny.8’ Darge¬
stellt ist in einem Vierpass-Medaillon ein im Stehen kopulierendes Paar. Die Frau steht
vorne, hinter ihr der Mann: ein Akt a tergo also — die vierte von Albertus Magnus beschrie¬
bene und, da sie den männlichen Partner in ein Tier verwandelt, als besonders sündig be-
S. 109f. mit Abb. 95; Ott, Norbert H.: „Zwischen Literatur und Bildkunst. Zum ikonographischen Um¬
kreis der niederländischen Tragezeichen“, in: Johan H. Winkelman / Gerhard Wolf (Hg.): Erotik, aus dem
Dreck gezogen (Amsterdamer Beiträge zur Germanistik 59), Amsterdam / New York 2004, S. 193-214, hier
S. 205f.
83 Camille: The Medieval Art ofl^ove (wie Anm. 68), S. 146 mit Abb. 133.
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