gen) enthält, kommt nun als engere Parallele die zeitlich nahe stehende anonyme Toten¬
klage (,Klage um eine edle Herzogin*) um die 1331 verstorbene Beatrix von Tirol, Gemah¬
lin des Herzogs Heinrichs V. von Kärnten, Grafen von Tirol, eine geborene Gräfin von
Savoyen . Der Autor dieser Totenklage von 638 Versen dürfte aufgrund schlagender Par¬
allelen und sdlisdscher Übereinstimmungen identisch gewesen sein mit dem Verfasser der
allegorischen Dichtung vom ,Kloster der Minne*, das im bairisch-alemannischen Raum
entstand, sich zweimal in auffälliger Überlieferungsgemeinschaft mit der Totenklage findet
und ein institutionalisiertes höfisches Idealleben von Königen, Herzögen, Grafen, Rittern
und Knappen und ihren Frauen im klösterlichen Raum entwirft, cias man mit guten
Gründen mit der Konzeption des 1330 von Kaiser Ludwig dem Bayern gegründeten Klo¬
ster Ettal verbindet, „das damals beträchtliches Aufsehen erregt, da hier - gemäß den
Bestimmungen des Stifters — Benediktinermönche und ritterliche Ehepaare in genau ab¬
gegrenzten Bereichen, aber doch gemeinsam leben sollten und auch lebten, bis sich bald
nach Ludwigs Tod (1346) das Ritterstift auflöste** (I. Glier)1'.
Die Allegorie gestaltet sich in der Narration ganz ähnlich der Ehrenrede auf Graf Wil¬
helm III.:
Der Sänger nimmt eines Morgens sein Ross und reitet in die Wildnis des Waldgebirges, dort wo es am
schroffsten und unwegsamsten ist. Auf einmal hört er zwei jämmerlich klagende Stimmen; als er sich
nähert, erblickt er zwei Damen in Trauerkleidung. Er beschreibt ihre edle Schönheit und reich gezierte
Kleidung, ihre jammervollen Gebärden und Klagen, die wie das Zitat von Begräbnisriten wirken. An
Sprüchen, die mit goldenen Buchstaben als Devisen auf ihre Kleider gestickt waren, erkennt er die Ei¬
ne als „Frau Ritterschaft“, die Andere als „Frau Freude“. Als er sie anspricht, fahren sie in ihrer exor¬
bitanten Klage fort, beschreiben ihm aber auch das gesellschaftliche Leid, das sich anlässlich des Be¬
gräbnisses der betrauerten hohen Frau bei höfischen Damen und Rittern offenbarte. Dann heben sie
aufs Neue ihre Klage an, bis sie - von Schmerz und Leid erschöpft — in eine Ohnmacht sinken, aus
der sie der Sänger mittels eines in frisches Bachwasser getauchten Wildgrasbündels erlöst. Nun nen¬
nen sie ihm auf seine Bitte hin die Funkdonsnamen der verstorbenen Fürstin, um die sie so schmerzli¬
che Klage führen (v. 563ff.):
,J Lassberg, Joseph Freiherr von (Hg.): Ueder-Saal Sammlung altdeutscher Gedichte, Bd. 2 (1820-25), Neudruck
Darmstadt 1968, S. 265-286, Nr. 125. Vgl. dazu Glier, Ingeborg: Artes amandi. Untersuchung gu Geschichte,
Überlieferung und Typologie der deutschen Minnereden, München 1971, S. 178f. Dies.: „Klage um eine edle Her¬
zogin“, in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, 2. Aufl., Bd. 4 (1983), Sp. 1162-1163; Nolte:
IMuda post morlern (wie Anm. 1), S. 160-166; Janota, [ohannes: Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit
(Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zum Beginn der Neuzeit, hg. v. Joachim
Heinzle, Bd. Ili, 1), Tübingen 2004, S. 336, 346. Der Text findet sich in der um 1433 im Konstanzer
Umkreis entstandenen Hs. Donaueschingen 104 und in der 1470-90 zu datierenden nordalemannisch¬
südrheinfränkischen Hs. UB Heidelberg cpg. 313.
111 Vgl. Glier: Artes amandi (wie Anm. 9), S. 179. Zu Ettal vgl. P. Fried, in: Dexikon des Mittelalters, Bd. 4
(1989), Sp. 59-60.
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