le aber auch das Spiel mit der eigenen Identität, den Prozess einer Distanzierung von der
eigenen Person in einer freundschaftlichen Situation des Gesprächs: ,mit mir könnt Ihr
sprechen, wie zu ihr selbst*. Es gelingt der Autorin in dieser Novelle, den Raum der realen
politischen Macht in den Raum der Fiktion zu projizieren. Auf diese Weise wird die fun¬
damentale Differenz zwischen der Sprachhandlung des ,donner ordre4, die dem politi¬
schen Machtbereich der Souveraine notwendig angehört, und der Sprachhandlung des
,parier4, die sich im fikdonalen Raum der Parlamente realisiert, sinnfällig.
Das Heptameron bot Marguerite de Navarre die Möglichkeit, sich selbst in ihrer Identität
als Königin in der Fiktion zu reflektieren und mit dem freiwilligen Verzicht auf eine ,Rhe¬
torik der Macht4 einen Raum zu schaffen, in dem Normkonflikte, gesellschaftliche Verän¬
derungen und Machtfragen ausphantasiert und ausspekuliert werden können. Als Autorin
tritt die Königin, um noch einmal Schiller zu zitieren, aus der ,Abhängigkeit der Kräfte4 in
den Raum der Kunst.
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