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Ocire le feray coy que nulz hons m’en die;
Alez ent a Orliens, si ne le laissiez mie,
Et menez avec vous de chiaulz de vo partie
Tant c’on ne vous y puist faire nul vilonnie,
Car la roine y est qui tant est agensie
4885 Et sa mere ensement, que ly cors Dieu maudie!,
S’y est ly connestablez qui lez a en baillie.
Faitez que vous aiiez le roine jollie,
Ce sera vo moullier, se Dyeus me benaie,
Car j’ochiray le roy en yceste partie;
4890 N’affiert point a bouchier si haute signourie“.
In Elisabeths Text ist der Brieftext wie folgt ausgearbeitet (kursiviert sind die gegenüber
dem französischen Text erweiterten formalen Bestandteile eines Standardbriefes): ,_
(fol. 43rb) Nu höret des bijtten ich uch/ wes sich der hertzog Asselin bedachte/ Er bestalte von stunt
einen gewissen boden/ vnd schreib eynen brieff/ Dar jnne stunde geschrieben alsus/
Ffriderich myn lieberfrunt uch en bieten ich grusse vnd alle fruntsch afft %uuor salutatio
vnd lassen uch wissen Das huge den ich in hert^en sere hassen/ her in bourgonien mit wenig folcks kommen ist
[exordium] des ich erfrauwet bin/ wan er nummer dar vß bekommet Jch enhabe yne dan vor gedbdet/
wir wollen vns wol an vme rechen/ Die edele konnigynne ist zu orliens// mit vrem heymlichen gesin-
de. [narra/io]
her rmb bijtten ich uch vmb gottes willen Das ir uwers folcks bis an die zwey dusent verbotschafiten vnd vff
das heymlichste ir mogent gewappent vnd erzüget bestellen wollet/ vnd uch dan nahe bij orliens in
das gewelde fügent/ Also das ir nit gesehen werdent/ vnd des andern morgens so is dag ist So Rittent
zu der staidt Jnn vnd nit erferent uch fugent uch glich snelle zu dem palas zu Dar Jn findent ir die
konnigynne holent sij/ is sij ir lieb odir leyt/ Dann lurent sij mit uch in Champanien/ So wil ich uff
diese sijtte soliche sache ghein dem konnige begynnen das er da durch zu male verdarfft werden sal//
wann ich wil yne zu dode slagen/ aen yne zu gnaden nymmen/ Als dann nemment ir die konnygynne
zu der Ee vnd werdent (fol. 43va) Jr huß wirt \petitio]
mit so liehen dingen werden wir vns erfiente vff das aller niederste brengen conclusio .
Der Vergleich mit den klassischen Bestandteilen eines Briefes nach den artes dictandi
lässt erkennen, dass im deutschen Text die salutatioÜ das Dienstangebot und die Überlei¬
tungsformel genau den Gepflogenheiten der schriftlichen Korrespondenz entsprechend
vorhanden sind, während sich der französische Text bereits durch die durchaus auch in
der Wiedergabe von Gesprächen verwendete vertrauliche salutatio („Chier oncle“,
v. 4873) M eher wie ein mündlicher Redebeitrag liest. In diesem Fall ändert Elisabeth somit
den relativ informellen Brieftext der französischen Fassung zu einem allen Regeln der
Kunst entsprechenden Schreiben; der Brief bewahrt damit den von Wand-Wittkowski für
92 Vgl. von Bloh: „Information“ (wie Anm. 28), S. 40, die den Text leicht abweichend gliedert.
93 Dieser Brief „entspricht mit der ,enbieten‘-Formel mit Gruß und Freundschaft, dem nachgestellten ,zu-
uor‘ und der folgenden ,Wiß‘-Formel ganz deutlich mittelalterlichen Originalbriefen“ (Wand-
Wittkowski: Briefe [wie Anm. 28], S. 55, Anm. 117).
94 Vgl. etwa die folgenden, im Text mehrfach verwendeten Anredeformen, für die jeweils nur ein Beispiel
angegeben sei: Hugues Capet (wie Anm. 76), Baisse XIV, S. 99, v. 648 („Chiere dame“); Laisse 111, S. 80,
v. 103 („Biaus onclez“); Laisse XXII, S. 110, v. 989 („Franque roine“); Laisse XXIX, S. 123, v. 1360
(„Gentis sirez“); Laisse LIV, S. 162, v. 2532 („Biaus fieulz“); Laisse LXXI, S. 183, v. 3134 („Noble ba-
ron“). Von Bloh: „Information“ (wie Anm. 28), S. 41, bezeichnet diese Anrede einmal als „ausnahms¬
weise“ „förmlich“, einmal als (wie „unter Verwandten, zukünftigen Ehepartnern oder Verbündeten“ üb¬
lich) informell.
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