dessen zweite Zentralfigur ihr Gemahl Albert de Gondi ist und dessen Mitglieder sich in
einem Stadthotel in Paris sowie in ihrem außerhalb von Paris gelegenen Schloss von
Noisy-le-Sec versammeln. In seiner konkreten Räumlichkeit ist dieser Salon heute nicht
mehr erfahrbar, sondern nur noch virtuell rekonstruierbar als ein Echoraum, auf den zahl¬
reiche, überwiegend paratextuelle Huldigungen der salonnière und Albert de Gondis ver¬
weisen, sowie über ein Album mit Gedichten. Um diesen Salon als Ort multiplen mäzena-
tischen Wirkens wird es nach einigen forschungsgeschichtlichen Überlegungen gehen.
2. Zum aktuellen Stand der Mäzeninnenforschung
Zwar gibt es spätestens seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert ein Interesse an Mäzenin-
nen, unter anderem belegt durch die Studie des Bibliophilen Ernest Quentin-Bauchart zu
Les femmes bibliophiles de t rance: XXT, XI 11' & Xl/IIT siècles.'1 Doch bleibt es hier wie auch
später meist bei der Reihung, bestenfalls der vertiefenden Darstellung großer ,Einzelfälle4
und Einzelleistungen. Lediglich im Falle der Maria von Medici geraten seit den letzten
Jahren die Zusammenhänge zwischen Kunstpatronage und politischer Herrschaft in den
Blick.1" Es fehlen jedoch übergreifende Studien zu den Handlungsräumen von Mäzenin-
nen. Eine Ausnahme sind die Arbeiten der Historikerin Sharon Kettering.11 13 Sie arbeitet
überzeugend heraus, dass es eine intensive mäzenatische Tätigkeit französischer adliger
Frauen der Frühen Neuzeit gab, allerdings „hidden behind institutional powerlessness“14.
Kettering präzisiert:
Frcnch noblewomen |...] exercised a considérable amount of patronage power. The patron-client des
and networks dominating noble society were informai, fluid, non institutional, and well suited to the
exercise of indirect power through personal relationships by women.15
Sie zeigt das breite Spektrum weiblichen Mäzenatentums auf: Es umfasst „domestic pa¬
tronage“, 1(1 also ein Mäzenatentum im Kontext des umfangreichen adligen ,Hauses4 und
Haushaltes, die im 16. Jahrhundert häufig mehrere hundert Personen umfassten. Neben
einer solchen „distribution of household places44, die der Ausgangspunkt für eine Karrie¬
re an anderen Höfen sein konnte,ls weist Kettering nach, dass die Übergänge von einem
,domestic patronage4 zu einem „cultural patronage“11 oft gleitend waren, denn oft gehör¬
ten auch zahlreiche Literaten, Musiker oder Künstler in diversen Ämtern zu einem Adels¬
hof. Da Sharon Kettering jedoch Historikerin ist, bleibt die Funktion von Literatur und
11 Erstveröffentlichung Paris 1886; ND Genf 1993.
12 Abzulesen an dem Sammelband von Bassani-Pacht, Paola / Crepin-Leblond, Thierry / Sainte Fare Gar¬
not, Nicolas / Solinas, Francesco (Hg.): Marie de Medicis. Ungouvemementpar les arts, Alessandria 2004.
13 Siehe hierzu Sharon Ketterings Aufsatz „The Patronage Power of Early Modern French Noblewomen“,
in: The Historical Journal 32,4 (1989) S. 817-841 sowie ihr Buch Patronage in Sixteenth- and Seventeenth-Century
France, Aldershot 2002.
14 Kettering, Sharon: „The Patronage Power“ (wie Anm. 13), S. 818.
15 Ebd.
16 Ebd.
17 Ebd., S. 819.
18 Vgl. hierzu ebd., S. 829: „Serving in a royal or great noble household headed by a woman was often the
first step in a successful career for male members of the household.“
19 Ebd., S. 832.
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