hang mit Landverteilung und Siedlungsbewegungen eine ganze Serie von
Ortsnamentypen, von der Landnahme und den genannten Besitzerortsnamen
(diese sind allerdings wiederum in verschiedene Typen zu unterscheiden, ins¬
besondere genitivische Ortsnamen nach dem Muster villa Roderici oder aber
die jüngere einfache Besitzemennung wie Maria Vinagre) zu Gruppensied¬
lungen des Typs Puebla!Póvoa oder Mozárbez oder Coimbräos, von beschrei¬
benden Ortsbezeichnungen nach dem Muster Villaverde bis zu institutioneilen
Formen wie Villafranca. Dabei ist in der Regel nicht sicher auszumachen, ob
diese Ortsbezeichnungen auf ältere Siedlungen oder Wüstungen angewandt
werden, also letztlich Namenwechsel vorliegt, oder ob es sich um wirkliche
Neusiedlungen im Zusammenhang mit der Landnahme handelt.
Mit der politischen Konzentration auf ein zentrales Imperium und eine
einzige offizielle Sprache seit dem 16. Jahrhundert wird dieser Ortsnamen¬
reichtum sprachlich geglättet, eine eindeutige Interferenz zwischen Regional¬
sprachen und der Nationalsprache Kastilisch, d.h. die Kastilianisierung re¬
gionalsprachiger Ortsnamen (und auch Personennamen) wird für Jahrhunderte
die Regel. Seit der neuen politischen Situation und Verfassung sind gerade die
Ortsnamen wieder in ihre ursprüngliche, eigensprachliche Form zurückgeführt
worden. Diese Besonderheit ist zu betonen: Im Königreich Spanien ist die
offizielle Toponymie einnamig und regionalsprachig, es heißt offiziell nicht
mehr Lérida oder La Coruña sondern Lleida und A Coruña. Nur im Basken¬
land, wo zwei voneinander weit entfernte offizielle Sprachen aufeinander tref¬
fen, sind Doppelnamen, nämlich die baskische und die (meist) exonyme
kastilische Form, offiziell, etwa Donostia/San Sebastián oder Vitoria!Gasteiz.
Ein besonderer Fall sind Regionen mit eigener, aber nicht offiziell anerkannter
Sprache, insbesondere Asturien. Hier wird die regionalsprachliche Variante
geduldet, sie ist aber nicht offiziell, nach dem Muster Oviedo!Uviéu. Die
spanische Namengebung in der Neuen Welt ist von dieser Entwicklung nicht
betroffen. Zu trennen hiervon ist selbstverständlich Portugal, mit nur einer
eigenen Sprache (das Mirandesische, ein asturisch-leonesischer Dialekt mit in
Portugal offiziellem Status, spielt praktisch keine Rolle).
2. Namenwechsel bedeutet wohl immer irgendeine Art von Interferenz oder
auch Anpassung.' Schön lässt sich dies an Personennamen illustrieren. Hierbei
ist natürlich zwischen gewollten oder oktroyierten Namenänderungen (etwa
bei Standes- und Religionswechsel) und spontan sich ergebenden zusätzlichen
Benennungen (durch Kose- oder Spitznamen) zu unterscheiden. Ich kann das
hier nicht weiter ausführen, doch ist die historische Überlieferung reich an
Dazu allgemein Neuß, Elmar: „Totaler Namenwechsel - partieller Namenwechsel -
scheinbarer Namenwechsel und die Ausbildung von Gemeindenamen“, in: Rudolf
Schützeichel (Hg.): Ortsnamenwechsel. Bamberger Symposion I. bis 4. Oktober
1986 (Beiträge zur Namenforschung, Beiheft N.F. 24), Heidelberg 1986, S. 326-
343.
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