dass in beiden Systemen gerne die Bezeichnungen für Tiere zur Bildung von
Personennamen verwendet wurden. Bevorzugt sind es die Begriffe für starke,
kraftvolle, unberechenbare Tiere. Am Beispiel zweier solcher ,willder Tiere\
nämlich Wolf und Bär hier und Lupus und Ursus dort, sollen im Folgenden
Räume und Formen der Begegnung der mit diesen gebildeten Personennamen
skizziert und mögliche Abhängigkeiten geklärt werden.
Unter den germanischen theriophoren Personennamen* 11 13 sind Bildungen mit
der Bezeichnung für den Wolf am häufigsten. Germ. *wulfa-z M., das für
mehrere indogermanische Sprachen als Personennamenelement nachgewiesen
ist (z.B. altindisch Vrkala, Vrkaajina, griechisch Avicav&og, AvKopr/9rjg,
tschechisch Vlk, Vlkimir, slowenisch Vlkonja, polnisch Suchowilk),1 kann
auch innerhalb des germanischen Namensystems als eines der produktivsten
und häufigsten Bildungselemente gelten.1' Die ,Nomen-et-gens‘-Datenbank
mit ihrem vorwiegend westgermanischen Material enthält rund 28014 mit dem
Element *wulfa-z gebildete Namen, und diese bilden ca. 3,7% des Gesamt¬
bestandes der Belege.15 Es gibt kaum ein Namenelement, mit dem *wulfa-z
nicht als Zweitelement zu einem Kompositum Zusammentritt:16 * Häufig sind
etwa Zusammensetzungen mit den Elementen germ. *hardu-z Adj. ,hart',
keit germanischer Namenbildungen von römischen Personennamen sind religiös
motivierte Namen. Romanische theophore Bildungen entstammen dem Kontext der
Ausbreitung des Christentums und seiner Etablierung als Staatsreligion im
weströmischen Reich. Namen wie Dominicus ,der dem Herrn Gehörige',
Deusdedit, Quodvultdeus und Adeodatus ,der von Gott Gegebene' haben dann im
Germanischen sicherlich zu Bildungen mit *gupa-z/guda-z M. ,Gott' und v.a. den
Zweitelementen *pewa-z M. ,Diener' oder *skalka-z M. .Knecht' (z.B. a. 747/88
Godescalk ,Gottesdiener') beigetragen. Vgl. Haubrichs 2004b, S. 414f.; Haubrichs
2006a, S. 160.
11 Grundlegend zu dem Namentypus Müller 1968, v.a. 1970.
12 Vgl. Müller 1970, S. 4, S. 112; McCone 1987, passim.
13 Vgl. Förstemann 1900, Sp. 1639fif.; Müller 1970, S. 4ff.; Geuenich 1976, S. 27 (für
das Material des Klosters Fulda); Wagner 2004, S. 250.
14 Förstemann 1900, Sp. 1639ff. listet rund 470 Namen mit dem Element *wulfa-z auf,
was im Wesentlichen auf den weit nach 800 hinaufreichenden Zeithorizont der
Belegaufnahme zurückzuführen ist.
!S Ausdrücklich ist darauf zu verweisen, dass sich die Angaben zur Frequenz von
Namen und Namenelementen vorerst auf die in der Datenbank bislang vorhandenen
Einzelbelege beziehen müssen und entsprechend vorläufig sind. Die Zuweisung der
urkundlichen Erwähnungen zu Personen, die zu differenzierteren statistischen
Aussagen fuhren wird, ist eines der Ziele des Forschungsprojekts ,Nomen et gens'.
16 Vgl. die Übersichten bei Förstemann 1900, Sp. 1640ff; Müller 1970, S. 138ff.,
sowie die Ergebnisse der ,Nomen et gens'-Datenbank.
450