Wolfgang Janka
Zur lautlichen und strukturellen Integration von
slavischen Orts- und Personennamen in Nordbayern
1. Einführende Bemerkungen
Der vorliegende Beitrag basiert auf Ergebnissen des von 1996 bis 2004 an den
Universitäten Regensburg und Leipzig betriebenen Forschungsprojekts „Sla-
ven in Nordbayern (Bavaria Slavica)“1 und meiner im Jahr 2004 begonnenen
Arbeit an dem daran anknüpfenden Projekt „Slavische Sprachelemente in
Ortsnamen Ostbayems (Oberpfalz und Niederbayem)“. Im Rahmen von „Ba¬
varia Slavica“ sind die Siedlungsnamen der oberfränkischen Landkreise Bam¬
berg und Bayreuth, die slavisches Sprachmaterial enthalten oder mit deut¬
schem Sprachmaterial auf ehemalige slavische Bevölkerung hinweisen, einer
sprachwissenschaftlichen Analyse unterzogen worden. Die Ergebnisse dieser
Projektarbeit können Band 1 und 2 der Reihe „Beiträge zur slavisch-deutschen
Sprachkontaktforschung“ (= BSDS I, II) entnommen werden.
Das Untersuchungsgebiet des Folgeprojekts umfasst die bayerischen Re¬
gierungsbezirke Oberpfalz und Niederbayem. Es grenzt im Norden an den Re¬
gierungsbezirk Oberfranken (Landkreise Bayreuth und Wunsiede!) und im
Osten an die Tschechische Republik an. In diesem Projekt werden neben Sied¬
lungsnamen auch Gewässer- und Bergnamen sowie früh bezeugte Flurnamen
behandelt. Nach Abschluss der Untersuchung der Slavica dieses Gebiets wird
insgesamt mehr als die Hälfte des einschlägigen Ortsnamenmaterials des
slavisch-deutschen Kontaktgebiets Nordbayem gemäß der Methodik von
„Bavaria Slavica“ bearbeitet sein.
Die folgende Betrachtung der Integration des bayernslavischen2 Sprachguts
bezieht sich auf die Ebenen der Phonologie und der Morphologie. Dabei
werde ich vor allem auf Erscheinungen eingehen, die mit der exakteren Be¬
stimmung von rekonstruierten Grundformen, der Beurteilung der Wahrschein¬
lichkeit von Etymologien oder mit siedlungsgeschichtlichen Überlegungen
Zusammenhängen. Gegenstand dieser Untersuchung sind neben slavischen
Ortsnamen auch slavische Personennamen, die entweder als Ableitungsbasis
für slavische Ortsnamen fungieren oder in so genannten slavisch-deutschen
! Zu Zielsetzung, Methodik und ersten Ergebnissen von „Bavaria Slavica“ siehe
Janka 2001.
2 Der von Vladimir Smilauer (1970, S. 8) eingefuhrte Terminus bayernslavisch dient
zur provisorischen Bezeichnung der ehemals auf dem Gebiet des heutigen Freistaats
Bayern gesprochenen slavischen Mundarten. Zur Stellung des Bayernslavischen
innerhalb des slavisch-deutschen Kontaktgebiets siehe Eichler 1998.
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