diese ungeschliffen ist. Dieser Intention nach ist der Satz kaum in dem Sinne
zu verstehen: „Sprich entweder keltisch oder, wenn du (es) lieber (so nennen)
willst, gallisch“ (nach Adams „a witty rephrasing of the point already
expressed by Celtice1"). Es handelt sich eher um zwei Sprach(varietät)en als
um zwei Bezeichnungen für ein und dasselbe. Ersteres könnte dann auf das
Keltische, letzteres auf das ,gallische Latein1 bezogen werden.
Auch wenn kaum Einigkeit über die Interpretation dieser Textstellen zu er¬
zielen sein wird, lassen die beiden Passagen bei Sidonius und Sulpicius doch
die Möglichkeit offen, die durch die Nameninterferenzen nahe gelegt wird.
Der gallische Akzent galt den Aristokraten der späten Kaiserzeit wohl
genauso wie die keltische Sprache als .bäurisch4 (rusticus), ,derb4 (rudis) und
.ungebildet4 (incultus). Während sich Ausonius aber in seinen Werken noch
offen zu Namen und Anspielungen äußert und seinem Gefallen daran Aus¬
druck verleiht (Bissula - nomen venustum domino), ist das Festhalten an der
gallischen Sprache von Sidonius und Ecdicius wohl eher als Last empfunden
worden. Sie sehen es als Verdienst an, den .Schorf (squama ,Schuppen4) des
Keltischen abzustreifen. Dennoch zeigen ihre Zeitgenossen noch immer einen
großen Reichtum an gallischen (z.B. Sapaudus, Riothamus) und interkul¬
turellen Namen (z.B. Elaphius, Attalus). Stichprobenartige Untersuchungen
des Materials der iberischen Halbinsel haben eine vergleichbare Kontinuität
ergeben (Zeidler 2005 und 2007: Kouznetsova 2004, Beispiele S. 6). Erst im
6.-8. Jahrhundert zeichnet sich nach dem Zusammenbruch der römischen Ver¬
waltung und unter germanischem Einfluss eine Änderung dieser Situation ab.
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