vinzen (praefectus praetorio Galliarum). Auch sein namentlich nicht bekann¬
ter Vater hatte unter Valentinian dasselbe Amt bekleidet. Sidonius erhielt
seine Ausbildung in Lugudunum (Lyon) und Arelate (Arles) in Grammatik
und Rhetorik. Um 452 heiratete er seine Cousine Papianilla, die Tochter des
Eparchius Avitus, eines führenden Aristokraten Galliens und späteren weströ¬
mischen Kaisers (455-456). Er folgte Avitus nach Rom, wo er unter ihm wie
auch unter dessen Nachfolger Majorianus (457-461) als comes dem engsten
Kreis um den Kaiser angehörte. Da er nach der Ermordung Majorians nicht
länger bei Hofe bleiben konnte, zog er sich auf das Landgut seiner Frau in der
Auvergne zurück und widmete sich der Schriftstellerei. Er verließ Gallien nur
noch einmal für eine Gesandtschaftsreise nach Rom (467/69). Als er in seine
politisch in Auflösung begriffene Heimat zurückgekehrt war, trat er in den
Klerus ein und wurde wahrscheinlich 471 zum Bischof von Avernum
(Clermont-Ferrand) gewählt. Sein Episcopat war geprägt von dem Bestreben,
die Diözese gegen die Westgoten zu verteidigen, was letztlich zum Scheitern
verurteilt war. Er wurde 475/77 verbannt, konnte danach aber sein Kirchenamt
wieder aufnehmen und bis zu seinem Tode weiter ausüben (.DNP XI Sp. 522;
Anton 1995).
Der in der Familie bei drei Personen belegte Name Apollinaris, eigentlich
,zu Apollo gehörig, ihm geweiht4, ist mit über 150 Belegen in Italien sehr
verbreitet (Kajanto ¡965, S. 211) und auch im griechischen Kulturraum in
Süditalien, dem Epirus, Makedonien und Thrakien häufig (LGPN IIIA, S. 49;
IV, S. 34). Aus den Provinzen liegen ca. 35 Zeugnisse vor, die sich in Belgien
(ca. 9-mal) und im Donauraum konzentrieren (OPEL I, S. 145). Für dieses in
Gallien nicht sonderlich geläufige cognomen lassen sich keine plausiblen An¬
schlüsse an die indigene Onomastik namhaft machen. Man könnte zwar an
Abullius, Abell(i)us, Abal(l)us usw. denken, die das Lexem abalo- ,Apfel"
(DLG S. 29) enthalten, oder an eine interpretatio des einheimischen Göttema-
mens Beleno/us, doch bleibt dies ohne konkrete Anhaltspunkte spekulativ.
Auch das zweite Cognomen gibt im römischen Kontext einen Sinn. Denn
Sidonius bedeutet nicht nur ,zu(r phönizischen Stadt) Sidön gehörig4 (Eibcbv)
oder allgemein ,phönizisch, Phönizier4 (poetisch, z.B. Ovid, Fasten III 108),
sondern nach dem wichtigsten Exportartikel auch ,purpurrof und von daher
evtl. ,purpurtragend\ Sidonius ist sehr selten in Italien (Solin/ Salomies 1994,
S. 171; Süditalien: LGPN IIIA, S. 393) und Griechenland (LGPN II, S. 397).
Dem stehen auch nur fünf Belege in den Provinzen Hispanien, Belgica und
Cisalpina gegenüber (OPEL IV, S. 80).
Sidonius wird aber von Raepsaet-Charlier (2001, S. 362) zu den Namen mit
keltischer Assonanz gerechnet. Interessanterweise gibt es eine kleine Gruppe
gallischer Namen, die ein Grundwort sid- erkennen lassen. In der Belgica liegt
ein Töpfemame Sid(d)us vor (DAG S. 703), der Name Side (Ziörj) begegnet in
einer griechischen Inschrift in der Gallia Narbonensis (IG XIV 2440). Mög¬
licherweise steht auch der Beiname Sidua (CIL XIII 8084) mit dieser Gruppe
in Zusammenhang. Sidonius ist in den hispanischen Provinzen und in der
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