In geradezu komplementärer Ergänzung zum westlich antik-romanischen
Bereich treten in den mittleren und östlichen Gebieten Österreichs nach Karte 2
Siedlungsnamen slawischer Herkunft auf. Während sich Osttirol mit dem Isel-,
Defereggen, Virgen- und Kaisertal und mit dem Pustertal bis Aßling sowie dem
anschließenden Oberkärntner Lesach- und Drautal als ein großes roma¬
nisch-slawisches Überschneidungsgebiet erweist und sich auch noch in den
südlichen Seitentälern des Salzburger Pongaues einzelne Ortsnamen slawischer
Herkunft finden, bilden Kärnten, der Salzburger Lungau, die Steiermark, das
östliche und nördliche Oberösterreich mit dem oberen Salzkammergut um Bad
Ischl, dem Steyr- und Ennsgebiet bis zur Krems sowie dem unteren, mittleren
und nördlichen oberen Mühlviertel, Niederösterreich und dem Burgenland die
einst slawischen Siedlungsgebiete. Dabei bleiben Gebirgs- und Waldgebiete
sowie das Wiener Becken ausgespart. Vom oberen Mühlviertel setzen sich
Ortsnamen slawischer Herkunft über den Bayerischen Wald in den Ostrand der
Oberpfalz fort.
Als die beiden ältesten bairisch-deutschen Siedlungsnamentypen erweisen
sich die patronymischen -ing- und die -/ze/m-Namen, deren österreichische und
südtirolische Verbreitung die Karten 3 und 4 zeigen. Schon von den in den
Salzburger Güterverzeichnissen von 788/790 genannten gut 200 Siedlungs¬
namen sind 46 und damit fast ein Fünftel echte -z'/zg-Namen.7 Die unter¬
schiedliche Semantik beider Namentypen bedingt im österreichischen Donau¬
raum auch die unterschiedliche Verbreitung, indem die die Inbesitznahme von
Grund und Boden ausdrückenden -zzzg-Namen auch beim östlichen Vordringen
der Baiem seit dem Beginn des 9. Jahrhunderts in Niederösterreich in starkem
Maß vergeben wurden. Dagegen waren die Ansitz und Heimstatt bezeich¬
nenden -heim-Namen dafür nicht geeignet, so dass sie am Süd- und Nordrand
Oberösterreichs und des Salzburger Flachgaues nicht soweit reichen wie die
-ing-Namen und im Osten gegen die Enns überhaupt enden. In Altbayern
erstrecken sich die -zzzg-Namen in dichtem Vorkommen im Norden zu beiden
Seiten der Donau und im Süden gegen den Alpenrand, während sie in der Mitte
zwar an der Isar, sonst aber wegen der zahlreichen Moose wesentlich geringer
Vorkommen. Entsprechend verhalten sich wieder in etwas geringerem und
räumlich eingeschränkterem Umfang die -/ze/zw-Namen. Damit erstreckt sich
das anfängliche frühmittelalterliche Siedlungsgebiet der Baiem von der
südlichen Oberpfalz über Niederbayem bis zum Gebirgsrand Oberbayerns und
auf österreichischem Boden in Fortsetzung bis in den Salzburger Flachgau
nördlich der Stadt und in Oberösterreich bis zum Atter- und Traunsee sowie bis
zur Krems südlich der Donau und umfasst nördlich des Flusses im mittleren
und östlichen Mühlviertel noch das Eferdinger-Ottensheimer Becken und das
Machland, zwei Landschaften, die geographisch zum Bereich südlich der
Donau gehören. Zur Behandlung der Zweiten Lautverschiebung in den ins
Bairisch-Althochdeutsche integrierten Ortsnamen antik-romanischer und
7 Vgl. Reiffenstein 2003, S. 2895.
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