zielle Groß-Sinteranlage für Gichtstaub und können erhebliche Energieein¬
sparungen beim Hochofenprozess erreichen.88
Insgesamt ändern sich die Grundlagen für den Minette-Bezug in der Saargebiets¬
zeit nur unwesentlich. Die Basis des Rohstoffes Eisenerz bleibt die alte. Ein
großes wirtschaftliches Problem stellt der Sachverhalt dar, dass die Thomasstahl-
Produktion der saarländischen Hütten zu teuer ist.
In der Literatur wird kritisiert, die Verwendung von Saarkoks erlaube nur eine
geringe Hochofengröße, und daher werde ein Drittel mehr Arbeitskraft als an der
Ruhr für die gleiche Ausbringung benötigt. Die saarländischen Hochöfen hätten
nämlich nur eine Leistungsfähigkeit von bis zu 350t/Tag, die im Ruhrgebiet
dagegen eine solche von bis zu 800t/Tag.89 Dieses hört sich an, als ob an der
Saar nur kleine Öfen zum Einsatz kommen würden, was tatsächlich nicht der Fall
ist.
Wie schon erwähnt, müssen zur Erzeugung einer Tonne Roheisen drei Tonnen
Minette zum Hochofen transportiert werden. Zur Erzeugung einer Tonne Roh¬
eisen aus Minette müssen aber auch drei Tonnen Minette geschmolzen werden.
Das bedeutet, dass der Energieeinsatz pro Tonne Roheisen deutlich höher ist,
als wenn eine Tonne Roheisen aus 70%igem Erz erschmolzen wird. Dazu müs¬
sen nämlich nur 1,5t Material verflüssigt werden.
Hinzu kommt ein Weiteres: Das Fassungsvermögen des Hochofens muss bei der
Minetteverhüttung bei gleicher Ausbringung an Roheisen erheblich größer sein,
um für die Erzeugung einer t Roheisen die drei t Minette überhaupt platzmäßig
unterbringen zu können. Es werden also große Hochöfen mit relativ geringer
Leistung - gemessen in Roheisen-Tagestonnen - für die Verhüttung von Minette
benötigt. Dieses wiederum impliziert höheren Arbeitseinsatz und höhere Bau-
und Unterhaltungs-Investitionen als bei der Verhüttung von hochprozentigem
Erz.
Es liegt daher auf der Hand, dass die Erschmelzung von Minette-Roheisen
relativ hohe Kosten verursacht und daher auch der Stahl teuer ist. Zur Reduzie¬
rung der Gestehungskosten ihrer Produkte modernisieren alle Hütten in den
1920er Jahren ihren technischen Apparat. Röchling stabilisiert z.B. seinen
Absatz des Edelstahlwerkes durch den Ausbau einer Fabrik für die Produktion
von Autofedern.90 Burbach investiert in seine Walzstraßen und baut einen
neuen Hochofen. Alle integrierten Hüttenwerke, also auch Dillingen und Neun¬
kirchen, erhöhen das Fassungsvermögen ihrer Siemens-Martin-Öfen beträchtlich
und dringen damit in das Segment der Edelstähle vor. Alle Hütten verbessern
die Wärmewirtschaft, erneuern ihre Kohlenwäschen und Koksanlagen, erweitern
die Hochofengestelle und verfeinern die Hochofengebläse. Eine grundlegende
88 Nutzinger u.a. (Anm. 38), S. 78.
89 Latz (Anm. 20), S. 200.
90 Ebd., S. 160.
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