Das Eisenerz
Petrographisch ist die Minette ein Eisenoolith, ein durch ein Bindemittel verfestigtes
Gemenge aus Eisenooiden und klastischem Material. Das Bindemittel ist vor allem Kiesel¬
säure und Kalk in unterschiedlichem Gewichtsverhältnis. Je nach Überwiegen eines der
beiden Anteile spricht man von kieseligem bzw. kalkigem Erz.19 Von größter Bedeutung für
die Rentabilität der Verhüttung von Minette ist der Eisengehalt des Erzes. Er liegt bei
Minette, die als verhiittbar gilt, zwischen 25% und 35% Fe. Im Vergleich etwa zu den
bisher abgebauten heimischen Alluvialerzen mit 40% bis 55% Fe ist die Minette
eisenarm.20 Charakteristisch für die Minette ist ihr Phosphorgehalt. Er beträgt zwischen
0,6% und 0,85%. Schon kleine Mengen Phosphor im Eisen machen dieses 'kaltbrüchig' und
damit tur die meisten Verwendungszwecke unbrauchbar. Die Nutzung der Minette ist daher
entscheidend von der zum jeweiligen Zeitpunkt bekannten und anwendbaren technischen
Möglichkeit der Entphosphorung des Eisens abhängig.21
Die lothringische Erzlagerstätte ist eine sedimentäre Lagerstätte. Die Erz führenden
Schichten liegen in der geologischen Formation des Doggers. Bergmännisch werden die
eisenreichen Schichten als "Lager", die dazwischen liegenden als "Zwischenmittel" bezeich¬
net. Die Lagerung entspricht prinzipiell der von Flözen und Zwischenmitteln in einer
Steinkohlen-Lagerstätte. Die Gesamtmächtigkeit der abbauwürdigen Lager beträgt im Osten
der Lagerstätte 10 bis 20m.22 Entsprechend kann das Erz je nach Mächtigkeit und Stand¬
festigkeit des Deckgebirges und der Morphologie des Gewinnungsortes im Tagebau, im
Stollenbau oder im Schachtbau gewonnen werden. Die Schächte sind bis zu einer Tiefe von
250m abgeteuft.
Nach dem Ende des Krieges beginnt 1871 ein Run von deutscher Seite auf das
Minettelager, an dem sich neben den saarländischen auch die rheinisch-westfa¬
lischen Hüttenunternehmungen beteiligen.2' 1914 verfügen die saarländischen
Hüttenunternehmungen über ca. 30% des Felderbesitzes im deutschen Teil der
Erzlagerstätte.24 Die regionale Rohstoffbasis Erz für die Eisen schaffende Indus¬
trie an der Saar ist gesichert.
Eine grundlegende Revolution in der Eisenhütten-Technologie stellt das
Bessemer-Verfahren dar, das 1856 in England erfunden und 1862 von Krupp in
19 Quasten (Anm, 10), S. 42-44.
20 Max Schlenker, Das Eisenhüttenwesen in Elsaß-Lothringen, in: Die wirtschaftliche
Entwicklung in Elsass-Lothringen 1971 bis 1918, hrsg. von Max Schlenker. Frankfurt am
Main 1931, S. 169-231, hier S. 227; Quasten (Anm. 10), S. 43-44; Döring (Anm. 1), S. 7;
Rolf E. Latz, Die saarländische Schwerindustrie und ihre Nachbarreviere (1878-1938) -
Technische Entwicklung, wirtschaftliche und soziale Bedeutung. Saarbrücken 1985, S. 29.
21 Döring (Anm. 1), S. 9.
22 Ebd., S. 7.
2;' Döring (Anm. 1), S. 57, 60. Vor 1861 ist der Erwerb von Konzessionen durch saarländische
Hüttenunternehmen wegen des Ausfuhrverbotes nicht interessant. Zwischen 1861 und 1870
ist die Situation eine andere. Zwar ist der Erwerb von Erzkonzessionen durch Ausländer
nicht untersagt, in der Praxis werden aber Konzessionen nur an Unternehmen verliehen, die
beabsichtigen, in Lothringen ein Hüttenwerk zu errichten. Eine Ausnahme stellt die
Konzession "Maxéville" - in der Nähe von Nancy verkehrsgünstig am Rhein-Mame-Kanal
gelegen - dar, die 1864 an die Burbacher Hütte verliehen wird. Das große Interesse deut¬
scher Unternehmen an lothringischen Konzessionen ist auch in einer entsprechenden Ände¬
rung der luxemburgischen Konzessionspolitik begründet, die nach schon vorausgehenden
begünstigenden Maßnahmen für luxemburgische Unternehmer 1882 die so genannte "Verhüt¬
tungsklausel" durchsetzt, die den Export von Minette aus neu konzessionierten Feldern
verhindert. Siehe Quasten (Anm, 10), S. 221-222.
24 Van de Kerkhof(Anm. 17), S. 248-249.
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