vorhandenen, bisher genutzten alluvialen Eisenerz-Lagerstätten sind
nahezu ausgebeutet.1 Der Rohstoff Holz zur Erzeugung von Holzkoh¬
le, mit der seit Jahrhunderten die Verhüttung betrieben wurde, ist eben¬
falls weit gehend erschöpft, die Wälder großenteils devastiert. Auf der
Rohstoffbasis alluvialer Erze und Holz aus der Region lässt sich die
Eisen schaffende Industrie nicht weiterentwickeln.
3. Zwischen den zunächst völlig unabhängig voneinander gewachsenen
Industriezweigen Steinkohle-Bergbau und Eisen schaffende Industrie
sind bis 1870 Beziehungen entstanden. In den 1830er Jahren wird in
den größeren Eisenwerken an der Saar das Puddelverfahren eingeführt,2
Mit diesem Verfahren kann schmiedbares Eisen' mittels der Verfeuerung
von Steinkohle - wenn auch sehr aufwendig - erzeugt werden.4 Dieses
ist der erste Vorgang der Substitution der Holzkohle durch Steinkohle
im Eisenhüttenwesen. Den zweiten Substitutionsvorgang stellt der
Einsatz von Steinkohlen-Koks statt Holzkohle im Hochofen dar.5 Seit
den 1860er Jahren werden an der Saar die Hochöfen ausschließlich mit
Steinkohlen-Koks bestückt. Der Umstieg von der ausgegangenen
Holzkohle auf die regional verfügbare Steinkohle ist die erste wichtige
Rohstoff-Innovation, die den späteren Aufschwung der Eisen schaf¬
fenden Industrie an der Saar bewirkt.
4. Die zweite wichtige Rohstoff-Innovation ist der Umstieg von dem
ausgegangenen Alluvialerz auf neue Eisenerze. Vorübergehend bezieht
die Hüttenindustrie an der Saar Erz aus dem Lahn-Dill-Gebiet. Seit den
1840er Jahren ward es sehr mühsam und teuer auf kleinen Kähnen
mosel- und saaraufwärts getreidelt. Nach 1860 wird die Treidelschiff¬
fahrt durch den Eisenbahntransport abgelöst.6 1875 ist der Bezug von
Erz aus dem Lahn-Dill-Gebiet durch die Saarhütten nahezu völlig einge¬
stellt. Lediglich das Neunkircher Werk verarbeitet noch später geringe
1 Dieter Döring, Die deutschen schwerindustriellen Interessen in Lothringen bis 1914. Diss.
Univ. Frankfurt am Main 1971, S. 32. Ab 1840 ist die Erzforderung so stark zurückgegan¬
gen, dass sich die Hüttenindustrie um andere Erzbezüge bemühen muss. Die letzte Grube
stellt 1869 ihren Betrieb ein..
2 Ebd., S. 28. Zuerst 1831 durch Stumm in seinem Neunkircher Werk.
3 Heute wird mit dem Terminus 'Stahl' jede Art von schmiedbarem Eisen bezeichnet. Das
mittels des Puddelverfahrens erzeugte schmiedbare Eisen wird zur Unterscheidung von
Flussstahl häufig als 'Schmiedeeisen' bezeichnet.
4 Volker Schmidtchen, Technische Innovationen in der Eisenverhüttung, in: Wandlungen
der Eisenindustrie vom 16. Jahrhundert bis 1960, hrsg. von Hans-Walter Herrmann. Namur
1997, S. 27-55, hier S. 39-45.
5 Döring (Anm. 1), S. 29. Nach wieder eingestellten Versuchen durch Fürst Wilhelm
Heinrich von Nassau-Saarbrücken 1767 an der Saar erneut durch Stumm 1838 in Dillingen.
1842 in Neunkirchen, anfangs unter Zusatz von Holzkohle. Siehe auch Bernd Martin,
Industrialisierung und regionale Entwicklung - die Zentren der Eisen- und Stahlindustrie im
Deutschen Zollverein 1850-1914. Berlin 1983, S. 78.
6 Döring (Anm. 1), S. 32-33; Martin (Anm. 5), S. 140.
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