Eine offizielle Anfrage - über die Unterrichtung durch gute Bekannte hinaus -
scheint ihn tatsächlich nicht erreicht zu haben, so dass der Verdacht besteht,
dass Hellwig auch nicht angeschrieben worden ist. Eventueller Diskrepanzen mit
Eugen Meyer ist sich Hellwig bis heute nicht bewusst, zumal beide sich von
vornherein "von Archivar zu Archivar" geschätzt haben dürften.155 Insofern stellt
sich die Frage, ob die Realisierung von Hellwigs Kandidatur nicht durch das
Kultusministerium als Behörde mit Rücksicht auf politische Sachverhalte verhin¬
dert worden ist. Schon seine Rückkehr ins Saarland nach Kriegsteilnahme und
-gefangenschaft war durch saarländisch-französische Behörden verhindert wor¬
den.'56 Übrigens ist ihm zum Referendum des 23. Oktober 1955 dann die
Abstimmungsberechtigung mit der perfiden Begründung verweigert worden, er
"sei nicht zu den >Ausgewiesenen< zu zählen", da er ja nach der Kriegsgefangen¬
schaft nicht in die Heimat zurückgekehrt sei.1'' Was Wunder, dass er als erster
(ehemaliger) Saarländer schon 1948 zum Deutschen Büro für Friedensfragen
stieß; dieses war "durch eine Vereinbarung der vier Länder der amerikanischen
Besatzungszone vom 15. April 1947 [...] mit [...] Sitz in Stuttgart" gegründet
worden, um Materialien für den erhofften Friedensvertrag mit Deutschland zu
sammeln, darunter nicht zuletzt auch für die Saarfrage.158 Hellwig hat für das
Friedensbüro nicht nur gegutachtet, sondern den Band 5 der "Materialien zur
Saarfrage", nämlich über die Saargruben, ganz geliefert. Zudem verschaffte er den
Text jener amerikanischen Denkschrift von 1948, aus der hervorging, dass die
französische Saarpolitik hinsichtlich der Wirtschaftsunion mit Frankreich
keineswegs durch das State Department gedeckt war.1"' In den USA rechnete man
schon damals damit, dass die Saarbevölkerung mehrheitlich dem Wirtschafts¬
anschluss an Frankreich nur vorübergehend zustimmen könnte, und eben die
Orientierung nach Deutschland hin war auch Anliegen des Friedensbüros. Auf
französischer Seite wurde "herausgefunden, daß das Zentrum des Widerstands
[aus] Deutschland gegen die französischen Saarpläne in Stuttgart lag"; Johannes
Hoffmann beklagte sich "bereits Mitte 1949 über" solche Aktivitäten.160 Ende
1949 siedelte das Friedensbüro nach Bonn über und wurde "in das Auswärtige
Amt der neuen Bundesregierung eingegliedert[; Hellwigs Kontaktmann] Gustav
Strohm war jetzt der offizielle Saarreferent der Bundesregierung". Und es war
denn auch Hellwig, der hierher Kontakte der Saaropposition in Gestalt eines
[durch die] Bibliothek des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, aktualisiert durch Anja
Rösgen. Köln 2002 [70 S.].
155 Dies und das Folgende teilweise nach brieflicher Mitteilung von Herrn Professor Hellwig
(Bonn) vom 25.5.2003 und auf Grund eines persönlichen Gesprächs in Bonn am 27.6.2003.
156 Schmidt (Anm. 104), Bd. 2, 1960, S. 336 und 499 sowie Bd. 3, S. 56 und 165.
157 Vgl. Schmidt (Anm. 104), Bd. 3, S. 165.
158 Heinrich Schneider, Das Wunder an der Saar. Ein Erfolg politischer Gemeinsamkeit.
Stuttgart 1974, S. 277 bzw. 276 [Zitat].
159 Vgl. ebd., S. 277; Fritz Hellwig, in: Hudemann (Anm. 150), S. 235.
160 Schneider (Anm. 158), S. 278f.
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