und Sklavenmetaphorik".40 Hier zeigt sich, dass trotz der Zäsur des Ersten
Weltkrieges in der politischen Entwicklung alte Bilder aus der Preußenzeit
tortlebten. "Knechtung" und "menschenunwürdiges Sklaventum" waren die
gängigen Vokabeln, mit denen das Zentrum zu Zeiten des Kulturkampfes gegen¬
über den Liberalen die Imparität bei der Besetzung von Beamtenstellen beklagt
und von Unternehmern soziale Verbesserungen eingefordert hatte.49 50
Im Gegenzug gelang es den christlichen Gewerkschaften ihre Reihen zu
schließen. Die GCB konnte hinzugewinnen und ab Mitte der 20er Jahre ihre
30,000 Mitglieder halten. Begünstigt wurde diese Entwicklung durch den
massiven Druck, der durch das katholische Netzwerk von Vereinen und Klerus
ausgeübt wurde. Soziale Inferiorisierung und Intoleranz gegen Anders¬
denkende51 richtete sich ebenso gegen Mitglieder freier Gewerkschaften. Das
bedeutete etwa die Verweigerung der Absolution. Auch Richard Kim, seinerzeit
BAV-Sekretär, erlebte dies. Sein Kirchenaustritt war ein konsequenter, aber
unüblicher Schritt, lediglich 0,3% der Gesamtbevölkerung an der Saar gehörten
keiner Kirche an.52 Vor allem die bei den freien Gewerkschaften auftretenden
Richtungskämpfe stärkten das katholische Milieu und die christlichen Gewerk¬
schaften. In der politischen Kultur wurden im Kontext der nationalen Orientie¬
rung Einigkeit und Treue zu symbolträchtigen Tugendbegriffen. Diese Strö¬
mung konnte durch das katholische Vereinswesen mit seinem Gemeinschafts¬
begriff und seinem Harmoniestreben stärker gebunden werden als durch die
freien Arbeitervereine, die integrationsschwach blieben.5’
Der BAV wurde in der zweiten Hälfte der 20er Jahre massiv von der KPD an¬
gegriffen. Im Kontext der Renationalisierung der Arbeiterbewegung verfolgte
auch die KPD einen streng nationalistischen Kurs, der ein einiges Deutschland
und ein Bündnis mit Sowjetrussland propagierte. Mit der massiven Wirtschafts¬
krise zu Beginn der 30er Jahre forcierte sie diesen Kurs und griff die SPD mit
ihrem Vorsitzenden Max Braun und insbesondere den BAV mit der Gründung
der Revolutionären Gewerkschaftsopposition an. Bedeutende BAV-Zahlstellen
wie Heiligenwald und Landsweiler mussten aufgelöst werden. Die schwierige
wirtschaftliche Situation verstärkte den Mitgliederschwund. Nationalistische
Positionen verfestigten sich innerhalb der Arbeiterschaft. Auch mit Hitlers
Machtergreifung und den Nachrichten über Verfolgung und Gewalt gegen
politisch Andersdenkende änderte sich an dieser Haltung wenig, typisch ist die
Darstellung im Roman Gustav Reglers "Ohr des Malchus", wonach entsprechen¬
de Nachrichten als französische Propaganda abgetan wurden.54 Die Annäherung
49 Linsmayer (Anm. 37), S. 174.
50 Beilot (Anm. 9), S. 212.
51 Linsmayer (Anm. 37), S. 194.
52 Mallmann u. Steffens (Anm. 4), S. 46.
53 Linsmayer (Anm. 37), S. 277, 289, 401.
54 Mallmann u. Steffens (Anm. 4), S. 193, 196.
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