brieten während der Revolutionsjahre 1848 den Arbeiterstand mit mahnenden
Hinweisen auf die so vorbildliche Bergarbeiterschaft zu beruhigen versucht
hatte.
Natürlich waren das Ruhrgebiet und die Saarregion traditionelle Berg- und
Hüttenregionen, und man muss sich auch daran erinnern, dass die Tradition der
Verwandtschaft beider Gewerbe, mit denen die Industrialisierung einen un¬
geheuren Schub nehmen sollte, ja bis auf Agricola und weiter zurückreichte.
Knappschaften gab es deshalb im 19. Jahrhundert nicht nur im Bergbau, son¬
dern auch in vielen Hüttenwerken, welche Erze sie auch immer verschmolzen.
Die Knappschaften erschienen als allumfassende Daseinssicherungen vorbild¬
lich, aber auch deshalb, weil der Staat in ihnen Einfluss behielt, jedenfalls bis
1854, als in Preußen das Knappschaftsgesetz der Unternehmerschaft unter
Beteiligung der Behörden die wesentlichen Entscheidungsbefugnisse übergab.
Die Tradition staatlicher Fürsorglichkeit gegenüber dem Bergarbeiterstand blieb
also, stark gemindert, erhalten, der Monarch blieb ja auch, selbst nach der
Bergrechtsreform von 1865, "oberster Bergherr".
Auf drei Wegen war das ältere Bergwesen geordnet worden: Zum einen hatte es
Bergordnungen gegeben, in denen die Rechtsverhältnisse am Bergwerksbesitz,
die behördlichen Zuständigkeiten, aber auch die Arbeitsverhältnisse der Berg¬
arbeiter geregelt worden waren; das waren die umfassenderen Texte. Im Rahmen
dieser Bergordnungen hatte man in Sachsen wie in Preußen Knappschafts¬
ordnungen erlassen, in denen der Bergarbeiterstand, in sich gestuft, zwangs¬
weise zu Beiträgen verpflichtet, die Leistungen bestimmt und die Repräsentation
nach außen geordnet wurden. Diesen privilegierenden Knappschaftsordnungen
standen bereits im 18. Jahrhundert so genannte "Reglements für die Bergarbei¬
ter" gegenüber, das waren Pflichtenkataloge, die nicht nur betriebliches Verhal¬
ten und das Strafwesen, sondern auch die Wohlanständigkeit des Standes nach
außen regulierten. Eben ein solches Reglement, Hellwig hat es scharfsinnig
beobachtet, lag bei Stumm der ersten betrieblichen Arbeitsordnung zugrunde;
Krupp und Stumm beriefen sich in der Gestaltung ihrer Kasseneinrichtungen
stets auf die Knappschaft und suchten gar, diese in ihrer Leistungsfähigkeit
noch zu übertreffen. Das betraf immer auch die materielle Leistungspflicht des
Unternehmers.
Die Bergbautradition ordnete mithin im Saarrevier die Hüttenindustrie in einem
wichtigen Teilbereich, dem der sozialen Beziehungen, während sich die Branche
andernorts aus den bergbaulichen Traditionen frühzeitig befreien konnte. Gewer¬
berechtlich galt die Hüttenindustrie seit den Gewerbereformen am Anfang des
19. Jahrhunderts eben als Gewerbe, zahlte also Gewerbesteuer, während der
Bergbau den Bergzehnten entrichtete.
Der Wechselbezug von Disziplinierung und Privilegierung, wie er im ständisch¬
dirigistischen Bergbau die staatliche Autorität über die Menschen gesichert
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