chen bzw. auf Unternehmensinterna beschränkten, Orientierungen und Ma߬
nahmen, die zuvörderst der Bindung der Menschen an den Betriebs- und Unter¬
nehmenszweck dienen sollen.22 Es ist dabei besonders wichtig zu beachten, dass
Betriebe und Unternehmen nicht autonome Akteure sind, sondern vorrangig in
marktdefinierten, darüber hinaus aber auch in sozialen und vor allem in politi¬
schen Beziehungen agieren. Die soziale Betriebsverfassung, das war der For¬
schungsbegriff der 1960er Jahre,2’ steht, und dieser Umstand ist schon damals
zu wenig beachtet worden, in zeitgebundenen politischen Systembeziehungen.
Staatsverfassungen sind wichtig, ich komme darauf zurück. Man kann dies
schon oberflächlich daran erkennen, dass beide, Stumm und (der jüngere)
Krupp, Heinrich Freeses Reden von der "konstitutionellen Fabrik" ablehnten;
beide konnten, obwohl Stumm anfänglich beim Verein für Socialpolitik mit¬
arbeitete, mit den "Kathedersozialisten" und natürlich mit der sozialistischen
Kaplanokratie nichts anfangen; Stumm mochte dabei zuerst mit Schmollers
großer Gründungsrede von 1872 über "Arbeitseinstellungen" seine Wahr¬
nehmungen geläutert haben.
Eine isolierte Betrachtung der Entwicklung und der Formen betrieblicher Sozial¬
politik, wie sie in der Forschungsliteratur seit den 1970er Jahren oft praktiziert
worden ist, erkennt demnach nicht das Wesentliche. Solche Betrachtungen sind
versucht, schon einen näheren Blick auf die Arbeitsordnungen zu versäumen
- was aber wäre Krupp ohne seine Arbeitsordnung von 1848 oder das "General¬
regulativ" von 1872, auf dem er handschriftlich vermerkte, dass es sich nun
auch sehr zur Abwehr der sozialistischen Gefahr bewähre, was wäre Stumm ohne
seine Arbeitsordnungen, vor allem diejenige von 1890, die zu Recht als Muster¬
stück eines neofeudalen Unternehmerabsolutismus gilt?24 Betriebliche Sozial¬
politik war und ist stets das Korrelat betrieblicher und unternehmerischer Herr¬
schaft, ein Instrument sozialer Kontrolle in gesellschaftlichen und gesellschafts¬
politischen Zusammenhängen. Das waren sie beide, Krupp und Stumm: Herren
im Hause, und beide waren es in einer besonders exponierten, ausstrahlenden,
symbolischen Weise. Es kommt deshalb, um betriebliche Sozialpolitik und
Unternehmenskultur zu verstehen, darauf an zu erkennen, in welchen Kontexten
sie das sein konnten.
Dabei ist der Ausdruck "betriebliche Sozialpolitik" an sich bereits missver¬
ständlich, weil er die Möglichkeit der Beschränkung der Betrachtung auf Betrie¬
22 Vgl. jüngst den ausführlichen Forschungsbericht von Paul Erker, "A New Business Histo-
ry?" Neuere Ansätze und Entwicklungen in der Unternehmensgeschichte, in: Archiv für
Sozialgeschichte 42 (2002), S. 557-605, hier über - neuerdings - "corporate governance"
S. 558, 569ff.
23 Vgl. Gerhard Adelmann, Die soziale Betriebsverfassung des Ruhrbergbaus vom Anfang des
19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg unter bes. Berücks. d. Industrie- und Handels¬
kammerbezirks Essen. Bonn 1962.
24 Vgl. Industriekultur (Anm. 15), S. 140; Bilder von Krupp (Anm. 15), S. 24 (Faksimile);
zur Forschung: Uwe Keßler, Zur Geschichte des Managements bei Krupp. Von den Unter¬
nehmensanfängen bis zur Auflösung der Fried. Krupp AG (181 1-1943). Stuttgart 1995.
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