gentlich ist die Anzahl der Gemeinsamkeiten gering, aber die wenigen Gemein¬
samkeiten sind gewichtig; Es handelt sich um protestantische Unternehmer¬
gestalten, die in derselben Branche in deren wichtigster Wachstumsphase wäh¬
rend der Industriellen Revolution eine in vielerlei Hinsicht entscheidende Rolle
gespielt haben. Beide entstammten älteren Kaufleute- bzw. Unternehmerfamilien,
aber der sehr jugendliche Krupp begann nach dem frühen Tod des ziemlich
bankrotten Vaters als technisch-organisatorischer Autodidakt mit hohen Schul¬
den und ganz wenigen Arbeitern, während Stumm im Jahre 1858 als auch noch
jugendlicher 22-jähriger, aber immerhin nach einer ordentlichen gymnasialen
Vorbildung, verschiedenen Lehrzeiten und einem für seines gleichen durchaus
üblicherweise nicht abgeschlossenen Universitätsstudium, den väterlich-famili¬
ären Betrieb übernahm, der in Neunkirchen mit damals rund 1200 Arbeitern,
nach zeitgenössischen Begriffen, als ein "Riesenbetrieb" galt. Gemeinsam war
beiden eine gewisse, dem Maße nach unterschiedliche französische Grenz- bzw.
Rheinlandprägung und das Bedürfnis, sich in jungen Jahren durch teilweise
ausgedehnte Auslandsreisen, vornehmlich nach England, "zu vervollkomm¬
nen", wie es damals hieß. Beide waren übrigens verwandt: Alfred Krupps Frau,
Bertha Eichhoff, war Kusine von Marie Luise Böcking, der Mutter Stumms, so
dass dieser und der dritte Krupp, Friedrich Alfred, Enkel von Geschwistern
waren, wie überhaupt viele rheinische Unternehmerfamilienfäden über die Familie
Böcking gewoben worden sind. Die Enkel kannten sich denn auch gut, so gut,
dass der deutlich ältere Stumm noch in seinen Sterbetagen dem Essener Ver¬
wandten das brüderliche "Du" anbot - "bei Ihnen scheint es mir der Ausfluß der
Gesinnungen zu sein, deren ich mich an Ihnen gerade in den letzten Jahren in
so wohltuender Weise zu erfreuen hatte", hieß es in dem entsprechenden Schrei¬
ben.16
Also nicht Alfred, sondern Friedrich Alfred Krupp und Stumm als Gesinnungs¬
freunde - das könnte sich auf die sehr kritische Haltung des jüngeren Krupp
gegenüber der staatlichen Sozialpolitik stützen, wie sie seit 1890 im "Neuen
Kurs" daherkam, und auf Krupps allerdings klugerweise bald beendetes Engage¬
ment für die Flottenrüstung, in diesem Punkt hatte der Essener Firmenchef mit
dem Erwerb des Magdeburger Grusonwerkes für die Panzerplatten-Produktion
die Konkurrenz, und damit auch Stumm, das Fürchten gelehrt, ferner dann auf
Krupps zeitweiligen, einsichtsvoll - mangels rhetorischer Gaben - rasch beende¬
ten Ausflug in die hohe Politik, als Reichstagsabgeordneter. In Sachen Sozial¬
politik setzte Krupp gewiss die vom Vater getroffenen Maßnahmen fort, verlegte
sich aber, wie schon Puppke bemerkt hat,17 stärker auf mittelbare, wiewohl nicht
minder teure Instrumente wie die Gründung von Stiftungen und Förderma߬
nahmen für bestehende oder zu gründende Einrichtungen.
16 Stumm an F. A. Krupp, 12.2.1901, in: Hellwig, Stumm-Halberg, 1936 (Anm. 13), S. 566.
17 Puppke (Anm. 4), S. 266.
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