Full text: Forschungsaufgabe Industriekultur

men den Nachteil, dass ihnen die zu disziplinierenden, aber nichtsdestotrotz 
dringend benötigten Arbeitskräfte für einen längeren Zeitraum entzogen wurden. 
Größere Unternehmen gingen daher dazu über, auf ihrem Werksgelände spezielle 
eigene betriebliche Arbeitserziehungslager als Einrichtungen der Gestapo auf¬ 
zubauen. 
Die Saargruben AG griff Anfang des Jahres 1944 mit der Einrichtung eines 
betrieblichen Arbeitserziehungslagers auf der Grube Mell in zu diesem radikalen 
Mittel der Ausländerdisziplinierung und empfahl ihren Schachtanlagen, davon 
regen Gebrauch zu machen. 7 Das Arbeitserziehungslager Mellin, das in der 
regionalhistorischen Forschung noch keine stärkere Beachtung gefundenen 
hat, ’ bot Platz für 72 arbeitsunwillige ausländische Bergarbeiter, die auf An¬ 
ordnung des Werkschutzleiters der Saargruben AG für längstens 56 Tage auf 
Mell in in Erziehungshaft genommen wurden, um nach Verbüßung der Strafe 
wieder auf ihre Stammgrube zurückzukehren. Mit der Schaffung des Lagers sah 
der "Ausländerausschuss" der Gruppe Mitte den Hauptzweck erreicht, dass den 
ausländischen "Bummelanten" eine drakonische und auf andere abschreckend 
wirkende Strafe zuteil wurde, ihre Arbeitskraft vor Kohle dem Unternehmen 
jedoch erhalten blieb.74 Die Einrichtung dieses AEL fand auch an der Ruhr, 
beispielsweise auf einer Sitzung der Leistungskameradschaft Essen-Süd im Juli 
1944, reges und zustimmendes Interesse, da hier der Erfahrungshorizont hin¬ 
sichtlich der Internierung in den großen Arbeitserziehungslagern ähnlich war. 5 
Allerdings blieb die Einrichtung von betrieblichen Arbeitserziehungslagern im 
Ruhrbergbau, jedenfalls soweit bisher feststellbar, bis Kriegsende aus. Ob die 
betrieblichen Arbeitserziehungslager ebenfalls durch KZ-ähnliche Lebensbe¬ 
dingungen für die Insassen bestimmt waren oder ob die Unternehmen schonen¬ 
der mit "ihren eigenen" Zwangsarbeitern umgingen, bleibt ein Forschungs¬ 
desiderat. 
Vgl. dazu die Niederschrift über die Sitzung der Arbeitsgruppe für "Ausländereinsatz" der 
Gruppe Mitte am 12.1.1944 (BBA 16/600). 
73 Krämer u. Plettenberg (Anm. 8), S. 317; Hermann Volk, Heimatgeschichtlicher Weg¬ 
weiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Bd. 4: Saarland. Köln 
1990, S. 67. 
74 Vgl. dazu die Niederschrift über die Sitzung der Arbeitsgruppe für "Ausländereinsatz" der 
Gruppe Mitte am 24.2.1944 (BBA 16/600). 
75 Vgl. hierzu die Niederschrift zur Sitzung der Leistungskameradschaft Essen-Süd am 
4.7.1944 (BBA 16/597). 
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