technische Entdeckung gemacht und mit Hilfe verschiedener Akteure umgesetzt
wird. Diese Entdeckung ging vom Düdelinger Eisenhütten-Actien-Verein, dem
bedeutendsten Eisen- und Stahlwerk des damaligen luxemburgischen Minettere¬
viers, aus. Auch dieses Hüttenwerk hatte um die Jahrhundertwende einen 500
PS Gichtgasmotor, ein Fabrikat der Deutzer Gasmotorenfabrik, in Betrieb genom¬
men. Zum Ansaugen des Gases hatte Betriebsführer Nicolas Kihn einen kleinen
Ventilator in die Hauptgichtgaszufuhr eingebaut, sozusagen um dem Gas einen
Anstoß zur Fortbewegung zu geben. Kihn stellte fest, dass in diesem Ventilator
eine große Menge Staub abgeschieden wurde und derselbe nur im Betrieb
erhalten werden konnte, wenn man dem Gas auch Wasser zum Wegspülen des
Staubes zuführte. Um die erheblichen Staubausscheidungen während des Betrie¬
bes aus dem Ventilator entfernen zu können, kam Kihn auf die Idee, durch ein
Röhrchen Wasser in den Ventilator einzuführen, zwecks Beseitigung des Stau¬
bes von den Flügeln, und diesen somit fortlaufend zu reinigen. Da Kihns
Ventilator dazu bestimmt war, das Gas aus der Hauptgichtgaszufuhr abzusaugen,
ist die Gichtgasreinigung sozusagen als unbeabsichtigter Nebeneffekt der
Düdelinger Anlage zu betrachten. Der Erste, der wohl die allgemeine Bedeutung
dieser Vorrichtung für die Gichtgasreinigung erkannte, war Eugène Bauret,
leitender Ingenieur des Konstruktionsbüros der de Wendel Hütte im benachbar¬
ten lothringischen Hayange. Paul Wurth zufolge soll Eugène Bauret die Wir¬
kung dieser so genannten "nassen Gasreinigung" anlässlich eines Besuches bei
seinem Sohn René auf der Düdelinger Hütte bemerkt haben, gerade zu der Zeit
als Differdingen mit seinen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. Da René Bauret,
Vorsteher des Düdelinger Konstruktionsbüros, mit Paul Wurth, dem Aufsichts¬
ratsvorsitzenden von Differdingen-Dannenbaum, gut befreundet war, gelangte
die Nachricht unverzüglich nach Differdingen.2
Aufgrund der in Düdelingen gemachten Erfahrungen kamen die leitenden
Differdinger Ingenieure auf den Gedanken, einen auf dem Werk vorhandenen
großen Ventilator der Firma Schiele aus Frankfurt zwecks Reinigung der Hoch¬
ofengase in die Gasleitung einzubauen. Da dieser Ventilator ursprünglich für
andere Zwecke bestimmt und deshalb zunächst nicht mit den seitlichen An¬
schlüssen versehen war, welche erforderlich waren, um den Ventilator mit der
Gasleitung zu verbinden, mussten die dazu benötigten Rohrleitungen vor Ort
aufgezeichnet und bei Cockerill hergestellt werden. Am 28. Februar 1901 kam
der modifizierte Ventilator in Differdingen erstmals in Betrieb. In den ersten
Tagen der Anwendung des Ventilators stellte man fest, dass die einzuführende
Wassermenge vermehrt werden musste, um den Staubgehalt weiter zu verringern.
Aufgrund ausführlicher Staubanalysen kam man in Differdingen zum Schluss,
dass 50% der Gichtgasstäube in den großen Reinigern am Hochofen ausge¬
schieden wurden, 25% in den Gasleitungen bis zum Ventilator und 25% in
27 Vgl. Wurth (Anm. 14); Fritz W. Lürmann, Die Reinigung der Hochofengase, in: Stahl
und Eisen 21 ( 1901 ), S. 619.
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