bedingung und zugleich Charakteristikum von Industriekultur werden somit in
unterschiedlichen Zusammenhängen analysiert und in Beziehung zu ihrem
breiteren sozialen und politischen Umfeld gesetzt.
Viertens wird nach dem Verhältnis von Industrie und Landschaft gefragt, nach
den Charakteristika einer nachhaltigen Industriekultur und nach dem Arbeiter¬
wohnen. Dabei systematisiert Juan Manuel Wagner Entwicklungsmuster von
Kulturlandschaften sowie Umfeld- und Bedingungsfaktoren für die Bewahrung
industriekultureller Relikte durch Nachfolgenutzungen und Inwertsetzung im
Spannungsfeld von Persistenz und Transformation. Laurent Commaille unter¬
sucht die Motiviage im lothringischen Arbeiterwohnungsbau zwischen ökono¬
mischem Interesse und paternalistischer Philanthropie, zwischen unternehmeri¬
scher Eigenverantwortung und gefürchtetem sozialpolitischem Interventionismus
des Staates.
Die einleitend von Jürgen Reulecke betonte Perspektive der Wahrnehmung von
Industrie und Industriekultur in ihren Wechselwirkungen mit der technischen
Entwicklung und ihren Deutungen, welche in vielen Beiträgen aufscheint,
bringt abschließend Clemens Zimmermann mit den inneren und interpretatori-
schen Spannungsfeldern der Industriefotografie auf den Punkt. Er ordnet diese
in eme Typologie der Fotografie ein und geht den Entwicklungen der Motiv¬
wahl und den sozialen sowie untemehmenskulturellen Funktionen der Indu¬
striefotografie nach.
Eme Reihe von leitenden Fragestellungen durchziehen die Beiträge und Diskus¬
sionen der Tagung insgesamt, sie bezeichnen verbindende Ergebnislinien und
weisen Perspektiven der weiteren Forschung.
Saarländische und grenzüberschreitende "Identität" im interregionalen Ver¬
gleich bilden ein erstes Leitmotiv. Will man mit dem schillernden Begriff der
"Identität" arbeiten, wie ihn besonders pointiert Juan Manuel Wagner heraus¬
arbeitet, so ist eine Begrenzung der konstituierenden Komponenten dieser
Identität auf das Saarland insbesondere unter ökonomischen Gesichtspunkten
sachlich nicht tragfähig. Das spezifische Profil dieser Region ist eng verflochten
mit den durch die Industriekultur geprägten grenzüberschreitenden Strukturen:
Saar-Lor-Lux ist nicht Programm, sondern eine Realität, die sich spätestens in
der Hochindustrialisierung formte. Auf der Hochschulebene ist dies längst eine
Selbstverständlichkeit, die in der aktiven Mitwirkung von François Roth (Nan¬
cy), Sylvain Schirmann (Metz/Straßburg) und Laurent Commaille (Metz), André
Gounot (Straßburg) sowie Denis Scuto, Antoinette Lorang und Michel Pauly
(Luxemburg) bei dieser Tagung ihren Ausdruck fand.
Identitäten entwickeln und wandeln sich im Verlauf der Jahrzehnte in viel¬
schichtigen Prozessen, die Wagner analysiert. Grenzüberschreitung bezeichnet
ihrerseits ein permanentes diachrones und synchrones Spannungsfeld. Konflikte
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