Full text: Forschungsaufgabe Industriekultur

Erzvorkommen interessiert, zumal er in Völklingen bereits vor dem Ersten Welt¬ 
krieg eine Entschwefelung des Roheisens durch Beigabe von Soda erreicht hatte 
(so genanntes "Saures Schmelzen"). Die Qualität der Erze bewertete er nüchtern 
kritisch: "Allerdings handelt es sich um einen sehr eisenarmen Grundstoff, der 
auch bei billigsten Gewinnungsmethoden niemals durch vielseitige Aufberei¬ 
tung ein hochwertiges Erzeugnis für die Hochöfen werden kann. Es wird immer 
darauf ankommen, die Erze auf billigste Weise zu gewinnen und sie hauptsäch¬ 
lich durch Röstung für den Transport geeigneter zu machen, um sie alsdann hier 
im Gebiete zu verschmelzen."40 
Das Neunkircher Eisenwerk und die Röchling'schen Eisen- und Stahlwerke in 
Völklingen bildeten 1934 eine Arbeitsgemeinschaft zur Durchführung von 
Versuchen der Doggererzverhüttung, ln der Praxis gingen sie aber getrennte 
Wege. Mit Röchlings finanzieller Unterstützung entwickelten die Metallurgen 
Paschke und Peetz ein Verfahren, wobei die Erze nach vorheriger Röstung ohne 
den üblichen Kalkzusatz geschmolzen und bei einer Nachbehandlung Soda als 
Entschwefelungsmittel zugeführt wurde, also "saures Schmelzen". Dieses Verfah¬ 
ren war wirtschaftlicher als das Kruppsche Rennverfahren und das Lurgi-Göppel- 
Verfahren, das im Neunkircher Eisenwerk angewendet wurde. Auch sie began¬ 
nen mit der Röstung der Erze, dabei konnte eine Anreicherung auf 42% Fe 
erzielt werden. Das erforderte aber einen hohen Kokseinsatz, brachte einen 
starken Schlackenanfall und trieb dadurch die Selbstkosten hoch. Dennoch hielt 
die Neunkircher Unternehmensleitung es in Verbindung mit der Verwendung 
von gebrochenem Dogger-Roherz für das wirtschaftlichste Verfahren. Zur An¬ 
wendung des "sauren Schmelzens" konnte sie sich nicht entschließen, zumal 
noch nicht ausdiskutiert war, ob aus sauer erschmolzenem Roheisen alle Stahl¬ 
qualitäten hergestellt werden könnten. Lizenzen für saures Schmelzen verkaufte 
Röchling an die Brüsseler Firma Solvay, aber nur zur Anwendung im Ausland.41 
Am 28, Mai 1936 gründeten die vier Saarhütten - ohne Haiberg - die "Dogger¬ 
erzbergbau GmbH Zollhaus Blumberg". Der geregelte Erzabbau begann im April 
1937. Das Erz wurde vor seinem Transport in die Saarhütten in speziell kon¬ 
struierten Schachtöfen geröstet. Schon die Verhüttung von geringen Mengen 
Rösterz zeigte negative Begleiterscheinungen, so dass es fraglich erschien, ob 
größere Menge Rösterz zu verarbeiten seien. Der Kokseinsatz war größer und der 
Schmelzprozess dauerte länger als bei der Verhüttung der Minette.42 Bis 1938 
waren Verluste von 25 Millionen RM aufgelaufen. Obwohl diese Versuche 
weder volkswirtschaftlich noch privatwirtschaftlich vertretbar waren, wurden sie 
weitergeführt, weil sie in das Konzept einer autarken Wirtschaftspolitik passten. 
Das Deutsche Reich gab schließlich dem Drängen der privaten Hüttenherren 
40 Röchling (Anm. 37). 
41 Seibold (Anm. 7), S. 150, 232ff. 
42 Für lt Roheisen wurden 1,064t Koks benötigt. R. Groß, Aus der Geschichte der Erz¬ 
versorgung der Dillinger Flütte, in: Us Hütt 20 (1975) 1, S. 120-121, hier S. 121. 
1 16
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.