in Neunkirchen erfolgte 1910/13 der Neu- und Umbau von drei Hochofen¬
gruppen, zwei weitere Öfen wurden im Ersten Weltkrieg durch Neubauten
ersetzt.“ Walther Cartellieri erkannte wohl die innovative Wirkung der Fluss¬
stahlverarbeitung nicht in ihrer vollen Tragweite, als er 1930 schrieb: "Wenn der
Weltkrieg nicht gekommen wäre, stünde heute an der Saar kein Hochofen
mehr."-' Am Vorabend des Ersten Weltkriegs arbeiteten im Saarrevier 30 Hoch¬
öfen,* 24 Das St. Ingberter Eisenwerk hatte sein Roheisen zunächst auf dem Markt
bezogen, dann seit der Fusion mit der "Rümelinger Hochofengesellschaft" am
1. Mai 1905 zur "Rümelinger & St. Ingberter Hochöfen und Stahlwerke AG"
vornehmlich von dem zugehörigen Hochofenwerk in Ottange/Öttingen.2'
In Dimension und Leistungsfähigkeit standen die Hochöfen der Saarhütten
hinter den Hochofenwerken anderer Reviere zurück. Vergleichsmaßstäbe sind
die Höhe des Ofens, sein Gestelldurchmesser, sein Fassungsvermögen in Raum¬
metern, seine Tagesleistung an Roheisen in Tonnen. Die geringe Tagesleistung
der Hochöfen der Saarhütten wird zuweilen aus den besonderen Schwierigkeiten
der Minetteverhüttung erklärt. So hatten die Röchling'schen Eisen- und Stahl¬
werke bei dem 1903 nach amerikanischen Vorbildern gebauten Hochofen VI
schlechte Erfahrungen gemacht.26 Das hohe Ofenprofil (30m Gesamthöhe) war für
das Beschickungsgut nicht geeignet. Das Zerfallen der Minette zu Staub und die
schlechte Qualität des aus Saarkohle hergestellten Kokses führten zu Ofen-
störungen. Auch die Beschickung mit einer hälftigen Mischung von Saarkoks
und westfälischem Koks brachte keinen vollen Erfolg, weil es nicht möglich
war, den Ofen bis zur Gicht vollzuhalten. Er musste nach einer Schmelzreise von
4Vi Jahren ausgeblasen werden, da das Schachtmauerwerk in den oberen Teilen
gelitten hatte. Die zweite Ofenreise dauerte 11 Jahre, auch sie erwies keine
wesentliche Überlegenheit dieses Ofens gegenüber den älteren Öfen. Er wurde
deshalb 1929 abgebrochen.
Allein die Minetteverhüttung bedingte jedoch nicht die geringe Hochofengröße,
denn die mit dem gleichen Erz arbeitenden Hochöfen im damaligen Bezirk
13 (1969) 3, S. 451-452,
22 Rauguth (Anm. 5), S. 296. Neunkirchen 1919: Fünf Öfen zu je 150t, Gestelldurchmesser
bis zu 3,5m.
23 Die Roheisenbasis der Saareisenindustrie in Lothringen in der Vorkriegszeit, in: Saarwirt¬
schaftszeitung 35 (1930) 3, S. 31-34.
24 Burbach acht Hochöfen, Dillingen vier, Haiberg sechs zu je 100t, Neunkirchen sechs zu
110/150t, Völklingen sechs zu 104/115t. Eine Tabelle über den Ausrüstungsstand der Eisen-
und Stahlwerke einschließlich der Werke saarländischer Unternehmer in Lothringen bei
Walther Cartellieri, Die Eisenindustrie an der Saar, in: Das Saargebiet - seine Struktur,
seine Probleme, hrsg. von Fritz Kloevekorn. Saarbrücken 1929, S. 232. Zur Völklinger Hütte
vgl. Heczko, Der Hochofen und die Gewinnung des Roheisens, in: Du und dein Werk
1 (1952) 1.
25 Krämer, Stadt St. Ingbert (Anm. 8), S. 167.
26 Otto Johannsen, Technischer Teil, in: 50 Jahre Röchling (Anm. 7), S. 127-323, hier
S. 181 f.
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