der Französischen Revolution beginnenden gezielten Verkettung von Sprach-
und Schulpolitik, die sich bis heute fortsetzt.8
Einer aus synchroner Perspektive betriebenen Sprachkontaktforschung geht es
vor allem um die Beschreibung sprachlicher Interferenzen zwischen beiden
Varietäten diesseits und jenseits der Sprachgrenzlinie;* 9 es geht um das
Sprachverhalten und die Spracheinstellung ihrer Sprecher,10 um den Erwerb
bilingualer Kompetenzen speziell auch bei jenen Gruppen, die aus den unter¬
schiedlichsten Gründen gehalten sind, Grenzen - seien sie nun sprachlicher oder
politischer Art - zu überschreiten und die dabei als Mittler zwischen den
Kulturen fungieren,11 und es geht schließlich auch um Sprachkonflikte12 und
um einen sprachpolitischen und sprachdidaktischen Umgang mit dem
Phänomen der Interkulturalität.
Kaum untersucht ist dagegen für diese gleichsam ,zwischen den Kulturen4 an¬
gesiedelte Region zumindest von philologischer Seite der Einfluß der
Sprachgrenze auf die von ihr durchquerten, teilweise auch erst durch sie gene¬
rierten politisch-administrativen, wirtschaftlichen und kulturellen Raumbil¬
dungen des hohen und späten Mittelalters bzw. die Frage, ob die Existenz
zweier unterschiedlicher Sprechsprachräume zu jener Zeit überhaupt irgendeine
spürbare Wirkung auf die Sprachkenntnisse und das Sprachverhalten einzelner
Bevölkerungsgruppen zeitigte. Dies überrascht umso mehr, als die Feststellung,
daß diese Sprachenscheide dem im 9. Jahrhundert sich konstituierenden
Großraum Lotharingia sein prägendes Gesicht gegeben hat, geradezu zum
Gemeinplatz jeder Beschäftigung mit diesem europäischen Kemraum geworden
ist, und das „Schicksal der nationalsprachlichen Zweiteilung“,13 wie Franz Petri
formulierte, ohne Zweifel auch schon für den mittelalterlichen Menschen zu
den Wesensmerkmalen der Region gehörte. Gens est mixta ex Gallis et
Germanis, betont denn auch schon der englische Minorit Bartholomäus in seiner
Beschreibung Lothringens aus der Mitte des 13. Jahrhunderts14 - der ältesten,
° Vgl. z.B. May: Lutte; Lévy: Histoire, Bd. II; Bodé: „Bilinguisme“; Bodé:
„Enseignement“; Bodé: „Imposition“; Harp: Learning to be loyal, demnächst auch Pitz:
„Sprachpolitik“.
9 Vgl. z.B. Post: Entlehnungen, bes. S. 31 ff., 262ff.
10 Vgl. Bufe: „Bilinguismus“; Hoffmeister: Sprachwechsel, Stroh: Sprachkontakt.
11 Eingehend dazu für den saarländisch-lothringischen Kontaktraum Schorr „Grenzgänger“.
12 Exemplarisch dazu z.B. Neide: „Multilingualismus“.
13 Petri: „Erforschung“, S. 3.
14 Lotoringia Germaniae est quasi ultima et finalis provincia, rege Lotario nominata. Hec
ab oriente habet Retiam sive Brabantiam, a meridie Renum et Alsatiam, ab occidente
Galliam Senonensem, a septentrione Galliam Belgicam. Hanc Mosa fluvius preteifluit. In
hac civitas Metis consistit. Est autem regio in multis fructifera, vinifera, fontibus et
annibus irrigua, monstruosa, silvestris et nemorosa, feris, pecudibus et armentis
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