Protagonisten Strether in Paris bewegen, und er vergleicht die europäisch-ame¬
rikanische Kulturbegegnung mit einer chemischen Reaktion unterschiedlicher
flüssiger Stoffe in einem Reagenzglas:
He had come with a view that might have been figured by a clear green li¬
quid, say, in a neat glass phial; and the liquid, once poured into the open
cup of application, once exposed to the action of another air, had begun to
tum from green to red, or whatever, and might, for all he knew, be on its
way to purple, to black, to yellow.4
Wenn ich vorher von ideologischen Implikationen gesprochen habe, so zeigen
sich diese hier in der positiven Tendenz des Bildes, das Annäherung und
Veränderung verspricht (Sagen wir nicht auch in gewissen kommunikativen
Zusammenhängen: ,Die Chemie stimmt1?). Die Fähigkeit des Sich-Einlassens
auf Fremdheit, nicht der Konflikt steht im Vordergrund, auch wenn der Autor
moralische Vorbehalte einer bestimmten amerikanischen (puritanischen)
Gesellschaftsschicht gegenüber der europäischen Kultur ins Bewußtsein hebt.
Und es gab immer wieder Zeiten, historische Momente, wo diese Fähigkeit be¬
sondere Signifikanz gewinnt.
Ist bei Henry James der Kulturaustausch im historischen Kontext seiner persön¬
lichen Beziehungen zu Europa und zur Bedeutung, die das „international
theme“ um die Jahrhundertwende hatte, zu beurteilen, so zeigt ein Beispiel aus
dem 18. Jahrhundert, den geradezu programmatischen Willen zur Völker¬
verständigung, in diesem Fall zwischen Deutschen und Franzosen, wiederum
eingebettet in einen insgesamt humanistisch geprägten, ausgesprochen
bildhaften Diskurs. Die anonym veröffentlichte Aufklärungskomödie (um
1747) trägt den Titel Der Frantzose und kann vor dem zeitlichen Hintergrund
der Integrationsprobleme französischer Reformierter in Frankfurt gelesen wer¬
den. Das Stück ist unter anderem als ein Lehrstück zur Überwindung nationaler
und kultureller Vorurteile zu verstehen - ein wahres Vernunfts-Plädoyer, das
seinen Höhepunkt und seine Moral schließlich in der Verkündigung einer
deutsch-französischen Heirat findet. Der Symbol-Charakter der bi-kulturellen
Ehe wird zusätzlich gestützt durch allegorische Namensgebung und bildhafte
Diskurse. „Herr Vernunft“, eine Figur der Komödie, erhebt sich über alle
Vorurteile und kulturellen Mißverständnisse und vergleicht die Beziehungen
zwischen Deutschen und Franzosen mit einer gelungenen metallurgischen
Verbindung. Man möge sie doch „in das Gieszhaus bringen, und euch zusam¬
men schmeltzen, wie man die Metalle schmeltzet, so würde von eurem
Mischmasch eine gute Materie heraus kommen.“5
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James: Ambassadors, 1964, S. 6.
Anonymus: Frantzose, 1909, S. 75.