werden, die an Edmund Burkes Klage über den Verlust der age of chivalry und
ihrer Werte erinnert - zweifellos einer der wichtigsten Einflüsse auf Scotts
Werk; aber der Tenor des Romans sucht immer wieder den Ausgleich unter
dem Primat der prosaischen Gegenwart.3 Imagination und jugendlicher
Überschwang des Helden problematisieren so die Topoi der Romantik, welche
unter anderem die Flora-Szene aufruft, ohne die tiefe Bewunderung für die
Werte einer traditionelleren Gesellschaft generell in Frage zu stellen, spricht
Scott doch selbst in der Einleitung aus dem Jahre 1827 von einem „noble
specimen of the old Highlander, far descended, gallant, courteous, and brave,
even to chivalry.“4 Hier wäre als Intertext Burke aufzurufen, heißt es doch in
den Reflections on the Revolution in France: „But the age of chivalry is gone.
That of sophisters, oeconomists, and calculators, has succeeded; and the glory
of Europe is extinguished for ever.“5
Gesten der Hybridisierung sind kennzeichnend für Scotts Waverley, wie an
zwei Beispielen gezeigt werden soll. Schon zu Beginn des Romans bewegt sich
der Held zwischen zwei Häusern, dem des Onkels und dem des Vaters, der eine
ein Jakobit, der der anglikanischen Hochkirche anhängt, der andere ein Whig
und Parlamentarier. Jährlich verbringt Waverley einige Wochen bei seinem ja¬
kobitischen Onkel und überschreitet mit Leichtigkeit politische Grenzen, die
für den Vater und seinen Bruder selbst unüberwindlich sind. Sein späteres
Lavieren zwischen den Fronten wird in der frühkindlichen Entwicklung vor¬
weggenommen, seine unbedarfte Menschlichkeit ermöglicht die Vermittlung
zwischen den Parteien. Wie sehr dies Scotts eigenen Ansichten entspricht, ob¬
gleich er lebenslang ein Tory war, läßt ein Brief an Southey aus dem Jahre
1809 erkennen:
I am convinced that what Swift said of Whig and Tory is true of most
civil dissensions and that the really honest only require to know each
others sentiments to agree while knaves and fools invent catchwords and
shibboleths and war-cries to keep them from coming to a just under¬
standing.6
Das bezeichnendste Beispiel für den Versuch, allen Parteien gerecht zu werden,
ist der Schluß des Waver/ey-Romans, in dem der jakobitische Baron von
Bradwardine zwar auf seinem Besitz weiterleben darf, dieser aber an Waverley
und somit an einen Engländer fällt. Waverley nimmt einige Veränderungen
3 Vgl. Edmund Burke: Reflections on the Revolution in France [1790], ed. Conor Cruise
O’Brien, Harmondsworth: Penguin 1986, S. 170.
4 Walter Scott: Waverley, or, 'Tis Sixty Years Since [1814], ed. Andrew Hook,
Harmondsworth: Penguin 1972, S. 569. Seitenangaben im Text beziehen sich auf diese
Ausgabe.
5 S. Anm. 3.
6 Zit. nach David Daiches: Sir Walter Scott and his World, London: Thames and Hudson
1971, S. 64.
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