Full text: Grenzkultur - Mischkultur?

Auch mit einer Urkunde vom 20.4.1226 schlichtet der päpstliche Legat 
quaestiones, die sich zwischen dem Orden und dem Bischof zu controversiae 
gesteigert hatten.32 Eine ganz knappe Urkunde vom 22. April 1226 kann dann 
höchstes Interesse beanspruchen, denn Wilhelm von Modena nimmt eine Klar¬ 
stellung vor: Er bestimmt autoritativ, wie Mehrheitsentscheidungen zu werten 
seien. Dabei bezieht sich der Legat auf den vorstellbaren Streit, der zwischen 
den drei Schiedsrichtern, die von Bischof, Propst und Ordensmeister 
gemeinsam gewählt worden seien, entstehen könnte (Ad removendam 
discordiam ... quae ... posset oriri): Wenn der abweichende dritte Schieds¬ 
richter nicht umgestimmt werden oder nicht anwesend sein könne, gelte 
nichtsdestoweniger der beschlossene Schiedsspruch der beiden anderen. Zwei 
Schiedsrichter entscheiden demnach bereits gültig! Ebenso interessant für den 
Aufbau der rigischen Schiedsgerichtsbarkeit ist aber auch, daß Wilhelm von 
Modena für einen (theoretisch) denkbaren Konfliktfall bereits im Vorgriff 
systematisch und gleichzeitig verbindlich eine Entscheidung fällt!33 
Am 7. Mai 1226 klärt der päpstliche Legat mit dem Anspruch auf 
Verbindlichkeit ein weiteres Problem, das offenkundig noch ungeklärt 
geblieben war. Nachdem Bischof Albert, Propst, Ordensmeister und die 
Bürger Rigas gemeinsam und einmütig drei Schiedsrichter gewählt haben, um 
zu entscheiden, was in der Rigischen Stadtmark bebaut oder unbebaut, was 
Acker oder nicht Acker sei, müssen sich die genannten Parteien den zu 
erwartenden Schiedssprüchen (den sententiae arbitrorum) strikt unterwerfen 
und sie befolgen. Anderenfalls träfe sie die Strafe der Exkommunikation.34 - 
Es bleibt offen, wie die Verhängung der Kirchenstrafe als Sanktion bei 
Nichtbefolgung des Schiedsspruches zu erfolgen hatte, wenn der päpstliche 
Legat nicht mehr im Lande sei ...35 
Ebenfalls am 7. Mai 1226 erläutert der Bischof von Modena auch zwei Stellen 
in der (ersten) Urkunde vom 15.3.1226 über die Rigische Stadtmark, welche 
in der Zwischenzeit zu Zweifeln Anlaß gegeben haben, dahingehend: 1. Die in 
der Mark angesessenen Seelen (Selones) sollen nicht in Betreff der alten, 
sondern nur der neuen Äcker der Stadt zum Zins verpflichtet sein usw. 2. Die 
Dünamündenser dürften diesseits der Düna gar keine Äcker in der Stadtmark, 
außerhalb der zwischen ihnen und der Stadt verabredeten Grenzen haben 
32 UB 1, Nr. 84. 
33 t/5 1, Nr. 85. 
34 t/5 1, Nr. 86. 
33 Der Frage, wie dauerhaft diese Rigaer Schiedsordnung war, kann hier nicht 
nachgegangen werden. Schiedssprüche finden sich z. B. zu 1232 (t/5 1, Nr. 125) und 
1263 (UB 1, Nr. 378); vgl. Benninghoven (wie Anm. I) S. 97 und 77. S. auch zu 1383 
(t/5 3, Nr, 1190f.) mit wiederholtem Bezug auf Wilhelm von Modena. 
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